Speed-Dating von GewerkschafterInnen mit Bundestagskandidaten

Für Dienstag, den 15.08.2013, hatten die ver.di-Selbstständigengruppe, die ver.di Ortsvereine Oldenburg und Ammerland, der DGB-Stadtverband Oldenburg und der DGB-Kreisverband Ammerland die Bundestagskandidaten aller Parteien für den Wahlkreis Oldenburg-Ammerland zu einer Podiumsdiskussion der besonderen Art eingeladen. „GewerkschafterInnen fragen – PolitikerInnen antworten“ – so das Motto des Abends. Die Diskussion folgte dem Prinzip des Speed-Datings und fand vor etwa 40 Gästen in der Genossenschaftsakademie in Rastede statt.

Speeddating beim DGB

Auf dem Podium standen neben mir Michael Eggers (CDU) als Vertreter des CDU-Kandidaten Stephan Albani, Dennis Rohde (SPD), Carsten Helms (FDP) als Vertreter der FDP-Kandidatin Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Martin Michels (Die Linke), Holger Lubitz (Die Piraten) und Hero Jan Stromann (Freie Wähler).

Nach einer kurzen Begrüßung durch die Vorsitzende des DGB-Kreisverbands Ammerland, Meike Quade, moderierte die Sozialwissenschaftlerin Reni Veenhuis stringent das Speed-Dating zu fünf verschiedenen Themenbereichen. Jeder von uns Podiumsteilnehmern hatte jeweils insgesamt zwei Minuten, um zwei Fragen aus den folgenden Themenbereichen zu beantworten, die jeweils im Vorfeld durch einen kurzen Bericht verschiedender GewerkschafterInnen eingeleitet wurden:

  1. Gutes Leben in der Arbeitswelt
  2. Gute Honorare und soziale Leistungen
  3. Gutes Leben und Bildung
  4. Gutes Leben in Gesundheit
  5. Gutes Leben im Alter.

Der Schwerpunkt lag also – passend zu den einladenden Gewerkschaften – eindeutig auf sozialen Themen. Jeder von uns Podiumsteilnehmern merkte bei mindestens einer Gelegenheit, wie kurz zwei Minuten sein können, und konnte nicht immer alles loswerden, was ihm an Antwort auf die gestellten Fragen einfiel. Und jeder wurde durch die teilweise sehr spezifischen Fragen auch einmal auf dem unwissenden Fuss erwischt, dann wurden die zwei Minuten überraschend lang.

Im ersten Themenbereich ging es um die Fragen, ob Werkverträge und Leiharbeit stärker reglementiert werden müssen oder abgeschafft gehören und ob ein gesetzlicher Mindestlohn erforderlich ist.

Danach standen die oft viel zu niedrigen Honorare der Solo-Selbstständigen zur Diskussion. Außerdem wurde gefragt, ob die Kosten der sozialen Sicherung für z.B. KünstlerInnen und JournalistInnen nicht paritätisch zwischen den AuftraggeberInnen und den Freischaffenden aufgeteilt werden müssten.

Der dritte Themenbereich beschäftigte sich mit konkreten Maßnahmen und Planungen der verschiedenen Parteien bezüglich des Betreuungsschlüssels in und des Ausbaus der Kindertagesstätten. Kritisch diskutiert wurde auch über die Möglichkeit der Teilausbildung und über die Idee eines Branchenfonds für Ausbildung.

Im vierten Themenbereich ging es um die bei vielen Krankenhäusern durch die Fallpauschalen entstandenen Defizite und um die drastischen Einsparungen im Gesundheitsbereich zu Lasten der Beschäftigten und der Pflege am Menschen.

Und im fünften Themenbereich wurden die DGB-Forderungen nach einer Rücknahme der Rente mit 67 und einer Rücknahme der Absenkung des Rentenniveaus zur Diskussion gestellt.

Ich will hier nur auf ein paar der vielen Punkte näher eingehen, die an dem Abend zur Sprache zu kamen:

Bezüglich des nötigen flächendeckenden Ausbaus von Kindertagesstätten und Ganztagsbetreuung bestand große Einigkeit zwischen uns Podiumsteilnehmern. Allerdings hielt der Vertreter der CDU weiterhin am Betreuungsgeld fest und beurteilte die Flexibilisierung von Betreuungszeiten als wichtiger als die Verbesserung des Betreuungsschlüssels.

Bei den Fragen zum Gesundheitswesen forderten sowohl der Vertreter der Freien Wähler als auch der Vertreter der Linken zusammen mit dem Vertreter der SPD und mir die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung in der Sozialversicherung. Dennis Rohde und ich machten uns in dem Zusammenhang für die Bürgerversicherung stark. Während der Vertreter der FDP die beiden FDP-Gesundheitsminister der jetzigen Legislaturperiode – Rösler und Bahr – für ihre Initiativen lobte, übten wir anderen deutliche und gut begründete Kritik am sogenannten Pflege-Bahr und am Gesundheitsfonds.

Die Rente mit 67 sorgte dann nicht nur auf dem Podium für Diskussionen, sondern spielte auch in den anschließenden Publikumsfragen eine Rolle.

Außerdem wurde der Vertreter der FDP gefragt, warum die FDP gegen eine Vermögenssteuer sei. Carsten Helms antwortete daraufhin, Vermögen werde mit versteuertem Einkommen erarbeitet und müsse dann nicht noch einmal besteuert werden. Daraufhin kam aus dem Publikum dann die Frage, warum dann im Gegensatz dazu bereits seit vielen Jahren die Renten, die zumindest bei Zahlungen der gesetzlichen Rentenversicherungsträger aus dem Nettoeinkommen berechnet werden, noch mal versteuert und verbeitragt werden. Auf diese Frage gab es leider keine Antwort.

Abschließend riefen die Veranstalter dazu auf, gemeinsam für eine hohe Wahlbeteiligung am 22. September zu sorgen.

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Ein Kommentar zu “Speed-Dating von GewerkschafterInnen mit Bundestagskandidaten
  1. Ben sagt:

    Die Nicht-Antwort des FDP-Vertreters auf die gute Nachfrage zu den Renten überrascht wenig. Das ist symptomatisch für eine Partei, die 1.) völlig den Bezug zur Lebensrealität der allermeisten Menschen verloren hat (wenn sie ihn denn jemals hatte), und die 2.) offenbar nicht an einer solidarischen Finanzierung eines funktionierenden Gemeinwesens interessiert ist. Sie lässt sich dafür abfeiern, dass ihr Wahlprogramm angeblich am wenigsten Ausgaben vorsieht. Nur ein gewisses FDP-Klientel kann sich einen schwachen Staat und eine abnehmende Daseinsvorsorge leisten. Und selbst das ist mittel- und langfristig ein Trugschluss.

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