„Good vibrations“ haben eine andere Bedeutung in Bezug auf die Deutsche Bahn: Bei einem Termin mit der Bahninitiative „Aktionsbündnis für Sicherheit und Nachtruhe an der Bahn“ in Hude ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie sehr die Gesundheit der Menschen, die direkt an der Bahn wohnen, durch den Lärm der schweren Güterzüge gefährdet ist. Dieter Holsten von der Initiative hat darüber hinaus noch erzählt, dass neu errichtete Lärmschutzwände in Delmenhorst zwar eine Belastung spürbar reduzieren, aber eine andere verstärken: die durch Erschütterungen. Offenbar verstärken die Lärmschutzwände die Vibrationen ins Erdreich, was zu neuen Schäden an Gebäuden führen kann, auch wenn alle bisher bestehenden technischen Vorschriften eingehalten werden.
Vollmundig hat die Bahn die Halbierung des Schienenverkehrslärms bis 2020 angekündigt. Die sogenannte Flüsterbremse in Güterwaggons, neue Technologien auch zur Minimierung der Erschütterungen und passiver Lärmschutz mit Lärmschutzwänden und Schallschutzfenstern sollen es richten. Doch bis das überall an den Bahnstrecken auch bei uns im Nordwesten wirkt, wird noch einige Zeit vergehen. Nicht zu akzeptieren ist dabei, wenn mögliche Verbesserungen auch langfristig aus reinen Kostenerwägungen gar nicht erst angegangen werden.
Und langfristig brauchen wir natürlich für die Gesamtregion ein zukunftsfähiges Infrastruktur-Gesamtkonzept, um die ökologisch und politisch wünschenswerte Verlagerung der Güterverkehre von der Straße auf die Schiene und mögliche zusätzliche Transporte zum Jade-Weser-Port oder auf der von den niederländischen Nachbarn gewünschten Wunderline überhaupt organisieren zu können. Da geht es nicht nur um Lärm- und Erschütterungsschutz, sondern auch möglicherweise durch den Aufbau einer Entlastung des Bahnengpasses „Knoten Bremen“ durch eine weiträumige Umfahrung für die Gütertransporte auf der Basis alter, aufgegebener Eisenbahntrassen und z.B. unter kombinierter Nutzung des Wesertunnels für Autos und Eisenbahn.
Dass die Skepsis der Anwohner_innen auch in Hude in gegenüber der Bereitschaft und Fähigkeit der Bahn zu solch weitsichtiger Planung zunimmt, wenn die Bahn es in einem halben Jahr nicht hinbekommt, nagelneue Aufzüge im Huder Bahnhof ans Laufen zu bekommen, ist verständlich. Noch nicht einmal ein Schild weist darauf hin, dass sie nicht funktionieren.
Je leiser die Bahn rollt, desto eher wird sie von den Anwohner_innen akzeptiert. Christian Morgenstern dichtete bereits im letzten Jahrtausend ohne zu ahnen, dass es wesentlich lauter würde:
„Steht ein Häuschen an der Bahn,
hoch auf grünem Hügelplan.
Tag und Nacht dröhnt das Gleis.
Einsam Häuschen zittert leis.“
Die Literatur wird die am Bahngleis lebenden Menschen nicht trösten, macht aber deutlich, dass es im Sinne des Gesundheitsschutzes auch bei der Bahn noch viel zu tun gibt. Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, dass natürlich der Straßenverkehr deutlich mehr Umweltschäden, vor allem aber auch deutlich mehr Todesopfer durch Unfälle und Erkrankungen z.B. durch Stickoxide und Feinstäube in der Atemluft, fordert.
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