Die deutsche Industriegeschichte liest sich in der Zeitung ja meistens als Jubelarie: Wachstumsraten gestiegen, internationaler Börsengang erfolgt, Exportweltmeister etc. Die dunkle Seite bleibt leider meistens im Verborgenen. Bei Volkswagen (VW) kam diese dunkle Seite im Spätsommer aber ans gleißende Licht der Öffentlichkeit, als gewerbsmäßiger Betrug diagnostiziert wurde. Die Verfehlungen des Vorstands und des Managements und die fehlenden Kontrollen durch die deutschen und europäischen Behörden haben das Image des Unternehmens (und auch der gesamten Branche) ganz erheblich beschädigt und drohen nun dazu zu führen, dass erheblich weniger Autos des niedersächsischen Herstellers verkauft werden. Und damit hat die Region ein Problem: Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, genauer gesagt zunächst vor allem die mehr als 1.000 Leiharbeitsplätze allein am Standort Emden sowie weitere bei Zulieferern und Logistikunternehmen.
Aus dieser Sorge heraus haben Betriebsrat und IG Metall kurz vor Weihnachten die ostfriesischen (bzw. mich als für Ostfriesland zuständigen) Bundestagsabgeordneten eingeladen. Aus der Regierungskoalition waren die MdB-Kollegen Heiko Schmelzle (CDU), Markus Paschke (SPD) und Johann Saathoff (SPD) der Einladung gefolgt, die Opposition am Tisch vertrat ich. Dabei kamen zunächst die durchaus unterschiedlichen Einschätzungen zum bisherigen Aufarbeitungsprozess des Abgasskandals durch das Unternehmen zur Sprache, mit dem ich insgesamt nicht sehr zufrieden bin. Anstatt im direkten Anschluss an den Führungswechsel im September wirklich reinen Tisch zu machen, vermittelt VW leider immer noch den Eindruck, dass man immer noch nur scheibchenweise das aufklärt, was schon in der Presse steht. So gewinnt man Vertrauen nicht zurück – ebenso wenig wie mit dem offenbar wenig transparenten Umgang mit dem Vertragsverhältnis mit dem bisherigen Vorstandsvorsitzenden (immerhin dem bestbezahlten DAX-Vorstand).
Konkret ging es den Arbeitnehmervertreter*innen aber darum, auszuloten, wie wir Abgeordnete zu dem Vorschlag der Gewerkschaft stehen, zur Schaffung einer gewissen Absicherung der Zeitarbeiter*innen auch diesen die Möglichkeit zu geben, wie die Stammbelegschaft über Kurzarbeit die Krise abzufedern, damit diese Menschen nicht auf der Straße stehen. Hierzu müsste es eine Gesetzesänderung wie zur Zeit der Finanzkrise 2008 geben. Diesen Vorschlag finde ich vernünftig, denn diese Leiharbeiter*innen tragen wohl am wenigsten Verantwortung für den Abgasskandal, sie sind aber die ersten, die darunter leiden müssen.
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