„Wir möchten in Freiheit leben“

DSC_2962Der GRÜNE Ortsverband Edewecht hat gemeinsam mit mir die Öffentlichkeit ins Landhaus Edewecht dazu eingeladen, über die überaus gelungene Integration geflüchteter Menschen in der Kommune Edewecht zu sprechen. Hiltrud Engler vom Edewechter Vorstand begrüßte die vielen Geflüchteten, die vielen Engagierten und die vielen interessierten Gäste. Ich habe mich erst einmal bei denjenigen unter den Besucher*innen bedankt, die sich seit vielen Monaten für Geflüchtete engagieren.

Hintergrund für diesen sehr interessanten Abend war ein bei mir eingegangener öffentlicher Brief von selbst ernannten „besorgten Bürgerinnen und Bürgern“ aus der Gemeinde Edewecht, die befürchten, dass „ein ungebremster Strom von Flüchtlingen die Handlungsmöglichkeiten des Staates und der Zivilgesellschaft an den Rand des Chaos bringen“ würde. Wir haben sie deshalb persönlich zu diesem Abend eingeladen, um entsprechende Ängste und Sorgen wenn möglich abzubauen. Leider hat von diesen „Besorgten“ niemand unser Gesprächsangebot wahrgenommen. Schade, denn nur über den Austausch miteinander kommen wir bei diesem Thema weiter. Und das geht meines Erachtens sehr leicht, wenn man sich dabei in die Augen schaut.

Für die vielen anderen aber, die zu unserer Gesprächsrunde kamen, zeigte sich, dass die Menschen, die in Edewecht Schutz und Zuflucht gefunden haben, grundsätzlich gute Erfahrungen mit ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft im Ammerland machen. Sehr deutlich wurde hörbar, wie intensiv sich die Menschen aus Syrien, aus dem Irak, aus Iran und der Elfenbeinküste darum bemühen, die deutsche Sprache zu erlernen. Das machen sie alle täglich in Deutschkursen, doch noch leichter funktioniert der Spracherwerb, wenn die Neuankömmlinge über nachbarschaftliche Kontakte verfügen. Das klappt in Edewecht in vielen Fällen ausgesprochen gut, initiiert vom „Runden Tisch Migrantenarbeit“, durch den sich viele Initiativen entwickelt haben: Deutschkurse, Patenschaften, Fahrradwerkstatt, Sportangebote in Sportvereinen, Schwimmkurse, Musikangebote u.v.m.. Das „Begegnungscafé“ im „Haus der Begegnung“ wird dienstags gut besucht, Edewechter Bäckereien spenden Kuchen und Getränke stellt die Gemeindeverwaltung zur Verfügung. Die Zusammenarbeit der ehrenamtlich Tätigen mit den Verwaltungsangestellten der Gemeinde funktioniert sehr gut.

DSC_2949Natürlich aber frustrieren auch hier bürokratische Hürden wie die immer noch viel zu  lange, mit großer Ungewissheit verbundene Dauer bis zur ersten Registrierung und erst recht bis zum Abschluss des Asylverfahrens, Probleme bei der Übersetzung von Dokumenten und der Anerkennung von Bildungsabschlüssen, doch unsere zahlreichen Gesprächspartner zeigten sich extrem geduldig. Deutschland verfügt leider immer noch nicht über ein Einwanderungsgesetz mit klaren Regeln, somit gibt es für die meisten Migrant*innen, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen gezwungen sahen, ihre Heimat zu verlassen, keine Alternative zum Asylverfahren. Und auch auf dem Arbeitsmarkt warten immer wieder auch Enttäuschungen, vor allem natürlich wegen der immer noch nicht abgeschafften „Vorrangprüfung“, aber auch, weil es für Ausbildungssuchende kein funktionierendes Ausbildungsfinanzierungsinstrument analog zu unserem Bafög bzw BAB gibt. Mittlerweile ist aber von immer mehr Unternehmen im Ammerland wahrzunehmen, dass sie sich aufgrund des Mangels an Facharbeitern wünschten, Geflüchtete unbürokratisch einstellen zu können. Arbeitsagentur, der Verein ProConnect, aber auch Handwerkskammer und IHK sind eingebunden bei der Lösungssuche, aber manche Regelungen müssen eben auch aus Berlin rechtlich ermöglicht werden.

Ich danke den Geflüchteten für ihre Offenheit. Ein Satz von ihnen wird mir noch lange in Erinnerung bleiben: „Wir möchten nur in Freiheit leben, ohne Krieg, ohne schlechte Politik, wir möchten hier studieren und arbeiten“. Ich weiß nicht, warum ich deswegen besorgt sein sollte. Das Gegenteil ist der Fall, denn diese Menschen sind hoch motiviert, ihre Chance bei uns zu nutzen, auch im Ammerland – wenn wir sie ihnen geben.

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