A 20: Die Traumtänzelei des Minister Lies

Was musste ich dieser Tage in der Zeitung lesen? Olaf Lies, Landesverkehrsminister, besuchte einen Hof, der durch den Bau der A20 in arge Bedrängnis gerate würde. Er sprach von „Bürgerbeteiligung“ etc. aber auch davon, dass der Bau der Küstenautobahn unabdingbar und wichtig sei. Ich entgegne ganz klar: Reines Wahlkampfgetöse, Herr Minister!

Zum einen hatte er seit rund 15 Jahren Zeit, mit den betroffenen Menschen vor Ort das Gespräch zu suchen, um gemeinsam mit den Menschen der Region nach Lösungen für die Verkehrsfragen der Zukunft zu suchen. Gemeinsam mit den Umweltverbänden und den diversen Bürgerinitiativen machen wir Grüne das seit Beginn der Autobahn-Neuplanungen vor 15 Jahren und haben auch schon diverse konkrete Vorschläge gemacht, die die massiven Zerschneidungen von landwirtschaftlichen Betrieben und unzerschnittenen Naturräumen überflüssig machen würden.

Dazu gehören in unserer Region beispielsweise sogenannte 2+1-Ausbauten der Bundesstraßen 211 und 437, aber auch eine massive Stärkung des Eisenbahngüterverkehrs etc. Minister Lies aber will jetzt, wo das von ihm selbst betriebene Planfeststellungsverfahren schon weit vorangeschritten ist, auf einmal mit den Menschen sprechen. Was soll das? Was will er ihnen noch anbieten?

Zum anderen arbeitet Olaf Lies bei seinen Äußerungen mit Versprechungen, von denen er selbst eigentlich am besten wissen müsste, dass sie nicht haltbar sind. Jeder weiß, dass die Planfeststellungsbeschlüsse – wenn sie denn wirklich so zeitnah erlassen werden, wie Olaf Lies mutmaßt – vor Gericht beklagt werden. Dies hat in der Regel aufschiebende Wirkung, so dass keinesfalls schon zu Beginn des kommenden Jahres Bagger durchs Ammerland rollen werden.

Und auch die Zeithorizonte der übrigen Planungsabschnitte sollten einem Verkehrsminister geläufig sein. Wie soll, wenn der Planfeststellungsbeschluss beispielsweise für Abschnitt 4/4a, der wohl erst 2024 vorliegen wird, dann noch beklagt wird und dann noch sechs Jahre Bauzeit folgen, die Autobahn bis 2026 fertiggestellt sein? Was sollen also diese Traumtänzereien?

Und auch die Kostenschätzung von 1,6 Milliarden Euro erscheint – wenn man die Kostenentwicklungen vergleichbarer Projekte über die Planungs- und Bauzeit hinweg anschaut – mehr als beschönigend, zumindest aber naiv. Die Hertie School of Governance geht beispielsweise von erwartbaren Kostensteigerungen in Höhe von 61 % aus, also etwa 1 Mrd zusätzlicher Kosten. Dabei ist die völlig unklare Finanzierung der geplanten neuen Elbquerung überhaupt noch nicht berücksichtigt. Gerade nach dem offenkundigen Platzen jeglicher Privatisierungs-Phantasien durch das A1-mobil-Beispiel, dürfte das Verkehrsministerium in Berlin hier vor einem völligen Scherbenhaufen stehen. „Öffentlich-private Partnerschaften“ (kurz: ÖPP) als elegante Verschleierung von Veruntreuung öffentlicher Gelder ist tot, das sollte auch Olaf Lies wissen.

Darüber berücksichtigt der Minister einen wichtigen Aspekt zukünftiger Verkehrsinfrastrukturplanung offenbar überhaupt nicht: Alle Welt redet gerade von revolutionären Umbrüchen in der Mobilität, vor denen wir angesichts von sich verschärfender Klimakrise und Dieselgate  stehen. Minister Lies selbst hat auf der Mobilitätskonferenz der IG Metall am vergangenen Mittwoch in Emden noch darauf hingewiesen, dass statistisch betrachtet, Autos in Deutschland 97 Prozent des Tages stehen und dass die Mobilität der Menschen deswegen völlig neu betrachtet werden muss. Die jahrzehntealte Planung einer Küstenautobahn bietet auf diese Frage sicherlich keine zukunftsweisende Antwort!

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