Bürger nehmen das Steuer in die Hand

Informierte sich über unseren BürgerBus im Ammerland: Der GRÜNE Landratskandidat aus Leer, Tammo Lenger (Mitte). Ich und Jens Rowold (rechts) nahmen Tammo mit.

Informierte sich über unseren BürgerBus im Ammerland: Der GRÜNE Landratskandidat aus Leer, Tammo Lenger (Mitte). Jens Rowold (re.) und ich nahmen Tammo mit.

Gerade auf dem Land ist das Netz von Bussen und Bahnen vielerorts noch schlecht ausgebaut. Dabei wächst der Bedarf an einem flächendeckenden Öffentlichen Personennahverkehr nicht nur wegen der Klimakrise immer mehr. Auch der demographische Wandel – Kleinfamilien, eine zunehmende Zahl mobilitätsbedürftiger älter werdender Menschen, geringere Schülerzahlen bei gleichbleibender Fläche – stellt eine große Herausforderung für die zuständigen Landkreise dar.

Das kostet Geld und so klaffen große Lücken auf unser Landkarte. In immer mehr Kommunen greifen nun engagierte Bürger eine ursprünglich aus Holland kommende Idee auf und setzen sich selbst hinter das Steuer von Bürgerbussen, so wie bei uns im Landkreis Ammerland: Wir haben schon 2009 den BürgerBus-Verein Westerstede gegründet, Bad Zwischenahn und Rastede folgten wenig später und aktuell ist in Edewecht ebenfalls ein BürgerBus-Projekt im Aufbau.

Der GRÜNE Landratskandidat für den Landkreis Leer, Tammo Lenger, hat sich jetzt unser erfolgreiches Bürgerbus-Projekt in Westerstede angeschaut. Denn: „Wir müssen den ÖPNV im Landkreis Leer verbessern. Ziel muss es sein, dass alle Menschen die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, um zum Beispiel zum Arzt, zur Arbeit aber auch zum Kino zu kommen, ein attraktives Angebot vorfinden – auch am Wochenende und in den Schulferien“, findet Tammo. Als ich jetzt selber mal wieder eine Schicht gefahren bin, habe ich ihn am Bahnhof Westerstede-Ocholt mit unserer Linie 359 mitgenommen, so dass er sich live und in Farbe einen Eindruck von unserem System machen konnte.

Als der rund 100 Mitglieder starke Verein 2010 den ersten Bus auf die Route setzte, fuhren im ersten Monat nur 23 Fahrgäste mit, wie sich Jens Rowold, unser Vorsitzender, erinnerte. Inzwischen sind es mehr als 2000 monatlich, Tendenz steigend, freut sich Jens. „Der Bürgerbus fährt da, wo der Regionalbus nicht fährt, die Routen und Fahrzeiten planen wir selbst“, betont der leidenschaftliche Fan des öffentlichen Personennahverkehrs. Insgesamt 30 Fahrer sind ehrenamtlich in den drei Bussen zwischen den Westersteder Dörfern unterwegs und teilen sich die Schichten, so wie es ihre Zeit erlaubt.

Acht Fahrgäste finden maximal Platz. Klein aber sehr professionell: Es gibt sogar eine automatische Ansage der Haltestellen. Ein Vorteil für den Fahrgast ist die Mitgliedschaft des Landkreises Ammerland im Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen (VBN). Über die App des VBN weiß der Fahrgast, ob sein Bus pünktlich ist. Eine einfache Fahrt kostet 2 Euro, die Monatskarte kostet für Erwachsene 47,50 Euro. Beim Fahrer gibt es alle VBN-Tickets, auch das Niedersachsenticket.

Verlässlichkeit schreiben wir Bürgerbusfahrer ganz groß: „Wir fahren immer nach dem gleichen Fahrplan, unabhängig von Ferien etwa“. Somit nutzen immer mehr Pendler den Bürgerbus für den Weg zur Arbeit, „das eigene Auto kann stehen bleiben oder muss erst gar nicht angeschafft werden“, sagt Jens. Den typischen Fahrgast gäbe es nicht. „Bei uns finden sich alle wieder, nicht nicht nur Schüler und Senioren“, betont Jens.

Stolz ist unser Verein auf die Mobilitätszentrale, die der Verein seit Anfang des Jahres mitten in der Westersteder Fußgängerzone betreibt: „Hier können wir Kunden intensiv beraten, wir verkaufen Fahrkarten der Bahn genauso wie Tickets für die beliebten Fernbusse“, unterstreicht Jens Rowold das breite Serviceangebot. Der Kundenstamm wachse stetig, so dass der Verein inzwischen durch den Erlös weiter investieren kann.

Für Tammo war der Besuch bei uns inspirierend. Er möchte sich für einen attraktiven ÖPNV im Landkreis Leer engagieren: „Der Blick über den Tellerrand ins Ammerland hat jedenfalls gezeigt, dass neue Ideen funktionieren.“

Für uns in Westerstede heißt das z.B., uns für ein CarSharing-Angebot einzusetzen oder auch im Landkreis dafür zu kämpfen, Spätbusanbindungen an unser Oberzentrum Oldenburg zu bekommen.

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