Gemeinsam sicherer

Gemeinsam mit dem GRÜNEN Stadtverband habe ich meine liebe Kollegin Irene Mihalic aus Gelsenkirchen eingeladen, um mit ihr und weiteren Gästen das Thema Innere Sicherheit zu bearbeiten. Als Polizistin ist Irene unsere kompetente Sprecherin für Innenpolitik in der Bundestagsfraktion.

Sicherheitspolitik aus dem Bauch heraus ist völliger Quatsch und dient niemandem. Wir müssen an jedem Ort genau hinsehen und analysieren, welches Problem vorliegt. Sicherheitsgesetze mit heißer Nadel stricken wie die Bundesregierung dies tut schadet der Prävention, also der Vorsorge, Schlimmeres zu verhindern. Dies ist das Ergebnis einer äußerst interessanten Frühstücksrunde im Oldenburger Biorestaurant Seidenspinner mit meiner lieben Bundestgaskollegin Irene Mihalic aus Gelsenkirchen, mit Melanie Blinzler, der Geschäftsführerin des Oldenburger Präventionsrates und dem Leiter der Polizeiinspektion Oldenburg Stadt, Ammerland, Eckhard Wache.

Sicherheitspolitik aus dem Bauch heraus ist völliger Quatsch und dient niemandem. Wir müssen an jedem Ort genau hinsehen und analysieren, welches sicherheitspolitische Problem vorliegt. Sicherheitsgesetze mit heißer Nadel stricken wie die Bundesregierung dies tut schadet der Prävention, also der Vorsorge, Schlimmeres zu verhindern. Dies ist das Ergebnis einer äußerst interessanten Frühstücksrunde im Oldenburger Biorestaurant Seidenspinner mit meiner lieben Bundestagskollegin Irene Mihalic (li. neben mir) aus Gelsenkirchen, mit Melanie Blinzler (vorne), der Geschäftsführerin des Oldenburger Präventionsrates und dem Leiter der Polizeiinspektion Oldenburg Stadt, Ammerland, Eckhard Wache (hinter Frau Blinzler).

Die Innere Sicherheit ist ein „fühliger“ Begriff. Jede und jeder von uns fühlt sich unterschiedlich sicher oder eben weniger sicher. Das hängt stark am Ort und der direkten Umgebung ab. Es gibt auch kein Instrument, das ein objektiv bestimmbares Sicherheitsgefühl messen könnte. Das bleibt diffus, und auch deswegen ist es gar nicht so leicht, darüber miteinander ins Gespräch zu kommen, wenn sich alle unterschiedlich sicher fühlen.

Mehr Sicherheit für weniger Freiheit? Das ist ein schmaler Grat und darüber müssen wir sprechen. Denn das Thema treibt viele Menschen um. Sei es die Alltagskriminalität oder Abzocke im Netz oder die Abwehr von Terror, der uns überall treffen kann.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière versucht mit einer massiven Law-and-Order-Politik den Menschen zu erzählen, dass er durch immer mehr Überwachung und andere Beschneidung von bürgerlichen Freiheitsrechten in der realen wie der virtuellen Welt mehr Sicherheit herstellen kann. Doch sollte uns doch ein Blick in die Türkei oder nach Russland, wo diese Strategie seit langem verfolgt wird, schnell zeigen, dass diese Gleichung nicht aufgeht. Kriminalität und Terror sind dort deutlich stärker verbreitet als bei uns. Und auch ein Blick nach Frankreich, wo es seit langem eine Vorratsdatenspeicherung und Militär auf den Straßen gibt, sollte uns davor bewahren, auf einfach klingende Lösungen zu vertrauen.

Objektive wie subjektiv erlebte Sicherheit in einer Gesellschaft sind vielmehr zuvorderst eine Frage der sozialen Kohäsion. Gelingende Integration, Toleranz und berufliche Perspektiven für junge Menschen sind hier wichtige Parameter, auch wenn sie natürlich eine erfolgreiche Polizeiarbeit nicht ersetzen, sondern sinnvoll präventiv flankieren.

Bürgerrechte einschränken ist dagegen keine gute Idee. Natürlich muss unsere Sicherheitsarchitektur sich wandelnden gesellschaftlichen und technologischen Bedingungen anpassen. Hysterischer Aktionismus mit heißer Nadel gestrickt ist dabei allerdings nicht hilfreich. Gerade der tragische Fall Anis Amri hat doch gezeigt, dass es nicht an Gesetzen zur Gefahrenabwehr in Deutschland mangelt, sondern dass an deren Anwendung intensiv gearbeitet werden muss. Der Attentäter war immer wieder im Visier der Fahnder, seine kriminelle Energie war polizeibekannt, und selbst Terrorwarnungen des marokkanischen Geheimdienstes lagen vor. Diverse Fehlbewertungen in Geheimdiensten und Polizeistrukturen führten in ihrer Verkettung dazu, dass der furchtbare Anschlag gelang, nicht fehlende gesetzliche Grundlagen. Die Bundesregierung muss sich also dringend um diese strukturellen Probleme in der Zusammenarbeit zwischen Länder- und Bundesbehörden kümmern, das bestehende Geheimdienstsystem der diversen Verfassungsschutzämter muss abgeschafft werden.

Wir GRÜNEN wissen, dass wir mit dem Thema Innere Sicherheit keine Wahlen gewinnen können, aber wir können viel verlieren, und deshalb bieten wir Lösungsvorschläge an und ducken uns nicht weg. Auch zum Thema Verfassungsschutz haben Irene Mihalic und unsere Fraktion unlängst konkrete Vorschläge vorgelegt, die auf ein neues Amt und vor allem wissenschaftliche Analyse extremistischer Bedrohungen setzen. Und natürlich muss unsere Polizei personell und technisch in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen. Über Jahre hinweg haben insbesondere CDU-geführte Regierungen im Bund und in den Ländern die Polizei als Melkkuh für Personaleinsparungen missbraucht, so dass heute Polizisten Millionen Überstunden vor sich herschieben und mancherorts technisch den Herausforderungen der Kriminalität im Internet nichts entgegenzusetzen haben. Hier muss gegengesteuert werden, aber das braucht Zeit. Qualifizierte Polizist*innen müssen ausgebildet werden und stehen deswegen erst in einigen Jahren zur Verfügung, auch wenn jetzt die richtigen Schalter umgelegt werden.

Parallel muss, darauf wies unser Gesprächspartner von der Polizei, Eckhard Wache, Leiter der Polizeiinspektion Oldenburg-Stadt/Ammerland, zu Recht hin, auch das Personal in Gerichten und Staatsanwaltschaften aufgestockt werden, damit auf polizeiliche Ermittlungsarbeit auch kurzfristige Urteile erfolgen können.

Das eigentliche Thema subjektiv gefühlter Sicherheit aber lässt sich nicht durch statistisch sinkende Kriminalitätsraten (da sind wir in Deutschland seit Jahren auf einem guten Weg) abräumen. Es stellt sich im Alltag: Und da müssen wir schon ins Detail gehen und fragen, was ist es, was dich dazu veranlasst dich sicher oder eben weniger sicher zu fühlen? Wodurch fühlen sich Menschen auf der Straße sicher oder verunsichert und warum? Welchen Einfluss haben Medienberichte über Kriminalität und Terror und ihr qualitatives wie quantitatives Verhältnis zu Berichten über gesellschaftlichen Zusammenhalt oder gelingende Integration? Warum vertrauen viele Menschen so sehr auf Hetze und Panikmache in verschiedenen „Sozialen Medien“? Was kann noch mehr gegen Einbruchsdiebstähle getan werden, die besonders verunsichernd wirken, weil direkt in die Privatsphäre eingedrungen wird? Diese Fragen müssen bearbeitet werden.

Gerade deswegen ist ein präventiver Ansatz auch so wichtig, um langfristig sich diesen Fragen zu stellen und nicht auf ein plötzliches Ereignis umso härter zu reagieren. Prävention muss dabei als kontinuierlicher Prozess betrachtet werden und eben nicht aktionistisch als Reaktion auf einzelne Extremismus-Phänomene. Wer in unserer Gesellschaft angekommen ist und sich zugehörig fühlen kann, ist deutlich weniger empfänglich für extremistische Ideologie – von Rechts ebenso wie von Salafisten. Darauf wies Melanie Blinzler, Geschäftsführerin des Oldenburger Präventionsrates, auch mit kritischem Blick auf die oftmals rein projektbezogene Finanzierung der Präventionsarbeit in Deutschland hin.

Und selbstverständlich geht es auch um sichere Daten im Netz. Datenhungrigen Unternehmen und Kriminellen müssen deutliche gesetzliche Grenzen aufgezeigt werden. Ob Smart-Metering, autonomes Fahren oder die Auswertung von Gesundheitsdaten, längst liegen Pläne zur umfassenden Algorithmisierung von individuellem Verhalten in den Schubladen, die bestehende Schutzmechanismen wie das Prinzip der Einwilligung ins Leere laufen lassen und, ob in der Versicherungs-, der Finanz- oder Gesundheitswelt, unsere auf Freiheit und Solidarität aufbauende Gesellschaft gefährden können. Auch bewusst für die Geheimdienstarbeit offengehaltene „Backdoors“, Sicherheitslücken in Computerprogrammen und Betriebssystemen, bergen große Risiken, derer sich Kriminelle und Terroristen ebenfalls bedienen können. Auch eine politische Kontrolle geheimdienstlicher Aktivitäten, man denke nur an die „Selektorenlisten“ von NSA und BND, auf die die Bundesregierung dem Parlament weiterhin jeden Einblick verwehrt, ist so praktisch unmöglich. Das müssen wir politisch ändern.

 

Abschließend bleibt festzustellen:

Wer unsere Freiheit der gefühlten Sicherheit opfern will, wird am Ende beides verlieren.

Danke an Irene für Ihre fundierten Positionen.

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