Gentechnik-Comeback stoppen

Ginge es nach den Plänen der Gentechnikindustrie, würden Genpflanzen in großem Maßstab weltweit angebaut. Doch mittlerweile ist erwiesen, dass genmanipulierte Pflanzen die Ernten nicht steigern, doch dafür immer mehr giftige Pestizide eingesetzt werden, die der Natur und den Menschen, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind, gesundheitliche Schäden zufügen.

Vor diesem Hintergrund ist es umso weniger verständlich, dass Bundesagrarminister Christian Schmidt am 2. November sein Gentechnik-Wiedereinstiegsgesetz vom Bundeskabinett absegnen lassen möchte. Die Kritik aus den Bundesländern ist ihm egal. Im Bundestag zeigte die CDU deutlich, dass sie im Grunde ihres Herzens eben doch eine Pro-Gentechnik-Partei ist. Die SPD teilt dagegen unsere zentralen Kritikpunkte an Schmidts untauglichem Gesetzentwurf und an den bevorstehenden Genmais-Anbauzulassungen. Deshalb müssen Gabriel, Hendricks und ihre SPD-Kabinettskolleg*innen konsequent sein und Schmidts Kabinettsvorlage stoppen, sonst verspielen sie die Glaubwürdigkeit ihrer Partei beim Thema Gentechnik.

Das muss der SPD-Abgeordnete Dennis Rohde ihnen jetzt unmissverständlich klar machen! Aber auch CDU-Abgeordneter Stephan Albani sollte seinen Bundesminister*innen vermitteln, dass man mit einem derartigen Pro-Gentechnik-Kurs Politik gegen breite Mehrheiten macht.

Denn Schmidts Entwurf ist ein Gentechnik-Wiedereinstiegsgesetz und kein Gentechnik-Verbotsgesetz. Obwohl die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland Genmais ablehnt, sucht der Minister immer neue Schlupflöcher und Hintertüren. Statt sich um ein klares flächendeckendes Anbauverbot zu kümmern, macht er den Ländern mit seinem Gentechnik-Gesetzentwurf ein faules Angebot. Sie könnten zwar ein bundesweites Verbotsverfahren anstoßen, aber das Veto nur eines einzigen Bundesministeriums oder nur eines einzigen Bundeslandes würde reichen, um es zu verhindern oder wieder zu kippen.

Dass es Schmidt nicht um eine Verhinderung des Gentechnik-Anbaus, sondern um den mittelfristigen Wiedereinstieg geht, wird auch dadurch deutlich, dass er bürokratische Hürden und Verschärfungen einbaut, die es nach EU-Recht gar nicht braucht. Das zeigt: Schmidts Anbauverbote sollen offensichtlich gar nicht funktionieren. Deshalb haben wir GRÜNE jetzt den vernünftigen Gesetzentwurf des Bundesrats ins parlamentarische Verfahren eingebracht.

Mitte November wird die Bundesregierung voraussichtlich in Brüssel schon wieder Genmais-Anbauzulassungen durchwinken. Das widerspricht allen Ankündigungen und Versprechungen der Bundesregierung. Denn: Wer die Zulassung nicht ablehnt, ermöglicht sie und spielt mit beim perfiden Plan der Agrarkonzerne, die so mit ein paar gönnerhaften Anbau-Ausnahmen die langersehnte Europa-Zulassung für ihre Gentech-Pflanzen erreichen wollen.

Aber es ist eben nicht egal, ob wir in Europa einen Flickenteppich aus Ländern mit und ohne Gentechnik-Anbau haben. Wer Genmais auf dem Acker ablehnt, muss auch gegen eine Anbauzulassung in Europa stimmen! Dass SPD und Union sich geweigert haben, rechtzeitig im Bundestag über unseren Antrag abzustimmen, zeigt: Die Beteuerung, dass sie die Bedenken der Menschen gegen Gentechnik-Pflanzen ernst nehmen, ist komplett unglaubwürdig.

 

Hintergrund: Schmidts neuer Gentechnik-Schwindel

Minister Schmidt hat vor kurzem alle Beteiligten handstreichartig mit einem neuen Entwurf der Gentechnikgesetz-Novelle überrumpelt, in der es vor allem um die nationalen Anbauverbote geht. Die hat die Bundesregierung seit 2014 gewissermaßen als „Trost“ für die damals nicht verhinderte EU-Zulassung in Aussicht gestellt. Über die Ausgestaltung streiten sich schon seit März 2015 vor allem Minister Schmidt und die Bundesländer.

Schmidt will gar keine nationalen Anbauverbote, sondern die Frage an die Bundesländer abschieben. Die aber wollen die immer versprochenen nationalen Anbauverbote. Weil Schmidt sich standhaft weigerte, haben die Bundesländer via Bundesrat schon 2015 einen eigenen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der allerdings bisher von Schmidt und der Koalition blockiert wird. Schmidt versprach, in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Kompromiss zu finden. Diese Arbeitsgruppe hat er mit seinem neuen Coup aber schlicht übergangen.

Besonders perfide an Schmidts neuem Entwurf ist, dass er offenbar zum Schein den Bundesländern entgegenkommt und tatsächlich bundesweite Anbauverbote möglich macht, wenn eine Mehrheit der Bundesländer das will. Allerdings würde das Veto nur eines einzigen Bundesministeriums oder nur eines einzigen Bundeslandes reichen, um es zu verhindern oder wieder zu kippen. Mehr zur Kritik an Schmidts Gesetzentwurf: https://www.gruene-bundestag.de/themen/gentechnik/schmidts-grosser-schwindel-19-10-2016.html

Wir GRÜNEN haben deshalb jetzt den alternativen Gesetzentwurf des Bundesrats ins parlamentarische Verfahren eingebracht, da Schmidt die Kompromiss-AG kaltgestellt hat. Mit dem Antrag „Gentechnikfreiheit Deutschlands sichern“ (Drucksache 18/10028) fordern wir die Bundesregierung auf, den Bunderats-Entwurf umzusetzen und endlich für eine Klarstellung der Regulierung neuer Gentechnik-Verfahren wie CRISPR-Cas zu sorgen.

Außerdem fordern wir die Bundesregierung mit einem Antrag (Drucksache 18/10029) auf, die anstehenden EU-Genmais-Zulassungen (siehe unter 1.) eindeutig abzulehnen. Die Sofortabstimmung hat die Koalition abgelehnt, um sich keine Blöße geben zu müssen. Das allerdings bedeutet das Kaltstellen des Parlaments: voraussichtlich soll in Brüssel schon am 16.11. über die Anbauzulassungen abgestimmt werden – der Bundestag wird also voraussichtlich keine Gelegenheit mehr zu einer Stellungnahme haben.

 

Dokumente, Videos und sonstige weitere Infos zu Genmais/Gentechnikgesetz

 

Bundestagsrede von Harald Ebner vom 20.10.2016 (Video)

http://dbtg.tv/fvid/7019699

 

Bundestagsrede von Harald Ebner vom 20.10.2016 (Text)
https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/2016/oktober/harald-ebner-gentechnik.html

 

Bundestagsdebatte zu Gentechnikgesetz und Genmais-Zulassungen vom

20.10.2016 (Video)

http://dbtg.tv/fvid/7019693

 

Protokoll der Bundestagssitzung vom 20.10.2016 (ab Seite 19509 bzw. PDF-Seite 105)

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/18/18196.pdf

 

Gentechnikgesetz: Rot-rot-grün kritisiert Schmidts Entwurf
http://www.keine-gentechnik.de/nachricht/32203/

 

Bundestag: Grüne wollen das Gentechnikgesetz novellieren

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw42-de-gentechnik/472058

 

Grüne Bundestagsfraktion: Genmais – Schmidts großer Schwindel
https://www.gruene-bundestag.de/themen/gentechnik/schmidts-grosser-schwindel-19-10-2016.html

 

Campact: So wird beim neuen Gentechnik-Gesetz getrickst

https://blog.campact.de/2016/10/so-wird-beim-neuen-gentechnik-gesetz-getrickst/

 

Gesetzentwurf des Bundesrates (Drucksache 18/6664 vom 11.11.2015)
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/066/1806664.pdf

 

Antrag: Gentechnikfreiheit Deutschlands sichern (Drucksache 18/10028 vom 19.10.2016)

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/100/1810028.pdf

 

Antrag: Keine Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 für den Anbau in der EU (Drucksache 18/10029)
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/100/1810029.pdf

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