Hilfe während der Flucht

Unterwegs mit Sea-Watch und SolidarityKitchen

Hierzulande helfen sehr, sehr viele Menschen auf ehrenamtlicher Basis Geflüchteten, die zu uns kommen. Auch entlang der Fluchtwege, an den Grenzen, in den Durchgangslagern sind neben den Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, DRK, Caritas, UNHCR viele in kleinen Gruppen privat organisierte Ehrenamtliche in verschiedenster Weise tätig, um die Lage der Flüchtenden zu verbessern und sie zu unterstützen. Zelte werden zum Beispiel gebaut, W-Lan installiert und Ladestationen zur Verfügung gestellt, es wird gekocht und medizinisch-pflegerische Ersthilfe geleistet.

Karsten Klebert und Wiebke Meiwald

Karsten Klebert und Wiebke Meiwald

Die Ammerländer GRÜNEN hatten mit meiner Tochter Wiebke und mit Karsten Klebert zwei Menschen in Heinemanns Gasthaus in Westerstede-Hollwege eingeladen, die im Laufe des letzten Jahres den Geflüchteten entgegen gefahren waren, um ihnen unterwegs zu helfen.

Die Dimensionen sind gewaltig: Weltweit sind derzeit etwa 60 Millionen Menschen aus  verschiedenen Gründen auf der Flucht. Niemand von ihnen macht sich die Entscheidung leicht, seine Heimat, sein bisheriges Leben zu verlassen. Alle haben schwerwiegende Gründe, um sich und ihre Familien den enormen Strapazen, Gefahren und Ungewissheiten der Flucht auszusetzen. Berichte von Geflüchteten und von ehrenamtlich Tätigen liefern uns wertvolles Wissen. Je mehr wir wissen, desto schwächer und wirkungsloser werden Vorurteile.

Wiebke, Studentin aus Westerstede, hatte während eines Urlaubs im September 2015 zusammen mit Freund*innen kurz entschlossen Flüchtlingen in Röszke in Ungarn geholfen. „Die Geflüchteten campierten auf einem Acker“, erzählte sie. „Anfangs gab es dort keine Hilfe, keinerlei Infrastruktur. Die ersten Helfer*innen waren Freiwillige aus Budapest und Wien oder spontan Mitanpackende wie wir. Erst später kamen die Caritas und das DRK dazu. Das UNHCR baute erst Zelte auf, als die Grenze geschlossen war.“ Zusammen mit weiteren Studierenden aus ganz Deutschland gründete sie die Initiative „SolidarityKitchen“ und machte sich im November 2015 mit einigen Mitstreiter*innen auf den Weg, um in Idomeni, im Grenzgebiet zwischen Griechenland und Mazedonien, für die Geflüchteten zu kochen.

Wiebke zur Balkanroute

Wiebke zur Balkanroute

Wiebke machte in ihrem Bericht deutlich, wie sich die Wege auf der Balkanroute mit den Grenzschließungen verlagern und wie viele Menschen mittlerweile in den Grenzgebieten festsitzen – Tendenz steigend. „Anfang Dezember, als das Camp in Idomeni geräumt wurde, lebten dort etwa 4.000 Menschen. Das Lager war also völlig überfüllt. Mittlerweile campieren dort mehr als 10.000 Menschen. Dass die Lage dort angespannt ist, ist also nicht verwunderlich“, so Wiebke.

Karsten Klebert, Intensivpfleger und stellvertretender Schulleiter des Ammerländer Ausbildungszentrums für Gesundheitsberufe, war im Jahr 2015 zweimal mit der Organisation Sea-Watch unterwegs, einer privaten Initiative zur Seenotrettung im Mittelmeer, die Flüchtlinge vor dem Ertrinken bewahrt und medizinische Ersthilfe leistet. Seinen ersten Einsatz verbrachte er auf einem Schiff, das zwischen Lampedusa und der libyischen Küste kreuzte: „Wir haben in den paar Tagen, die wir dort unterwegs waren, zwei Schlauchboote mit jeweils etwa 100 Männern, Frauen und Kindern gesichert.“, erzählte Karsten Klebert. „Die Arbeit dort funktioniert nur deshalb, weil die verschiedenen Organisationen gut vernetzt zusammenarbeiten.“

Karsten Über Sea-Watch

Karsten Über Sea-Watch

Die Flüchtlinge des ersten Schlauchbootes wurden von der italienischen Freiwilligen-Organisation MOAS (Migrant Offshore Aid Station), die Flüchtlinge des zweiten Bootes wurden von der italienischen Küstenwache nach Sizilien oder Lampedusa gebracht: „Aber auch so einige Phantomboote haben wir gesehen, deren Insassen wohl ertrunken sind. Mir wurde während des Einsatzes deutlich, dass alle sogenannten offiziellen Zahlen zu den ertrunkenen Flüchtlingen im Mittelmeer nur ungenaue Schätzungen sein können. Die genaue Anzahl kann niemand wissen.“

Während seines zweiten Einsatzes war er auf der Insel Lesbos und vor deren Küste tätig. Im vergangenen Jahr nahmen laut Angaben des UNHCR etwa 450.000 Flüchtende den Weg über Lesbos. „Beredtes Zeugnis davon legen auch die riesigen Müllhalden voller alter Schwimmhilfen ab,“ so Karsten Klebert.

Zum Abschluss waren wir uns alle einig, dass die Dublin-Regelungen abgeschafft werden müssen, es echte Solidarität und in dem Zusammenhang europaweite Resettlement-Quoten braucht und Deutschland endlich ein Einwanderungsgesetz entwickeln muss.

Während der Veranstaltung wurden Spenden gesammelt, die jeweils zur Hälfte an Sea-Watch und an SolidarityKitchen für die nächste Tour von Wiebke verwendet werden. Sea-Watch wird ab April ein zusätzliches Schiff einsetzen. Wiebke wird im März zusammen mit einigen Freund*innen an die Ärmelkanalküste fahren, um den in Calais festsitzenden Flüchtlingen zu helfen.

Ich konnte nur meinen Dank aussprechen für die Hilfe, die die beiden erbracht haben.

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