Klimaflucht

11885404_10153731739945116_3305752319242867742_nIn der nächsten Woche beginnt die 21. Internationale UN-Klimakonferenz in Paris. Und wenn es bei diesen Konferenzen ursprünglich „nur“ um den menschengemachten Klimawandel als solchen ging, rückt in Paris die Klimaflucht aus aktuellen Gründen in den Mittelpunkt. Weltweit sind weit über 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Neben Krieg oder politischer Verfolgung zwingen besonders auch verschlechterte ökologische und soziale Lebensbedingungen Menschen dazu, die eigene Heimat verlassen zu müssen. Und dazu möchte ich euch Informationen an die Hand geben.

Die wichtigsten Fakten

  1. Jedes Jahr werden mehrere Millionen Menschen weltweit durch Hochwasser, Meeresspiegelanstieg, Wetterextreme, Dürren, Stürme und Hitzewellen gezwungen, ihre bisherige Heimat zu verlassen. Die meisten Menschen fliehen innerhalb des eigenen Landes, Fluchtpunkt sind meist die Megacities des globalen Südens. Durch den Klimawandel droht noch viel mehr Menschen der Verlust ihrer Heimat. Auch auf gewalttätige Konflikte um Ressourcen, Lebensraum, Wasser und auf soziale Ungleichheit wirkt die Klimakrise wie ein Brandbeschleuniger.
  2. Die internationale Organisation für Migration (IOM) geht in ihren mittleren Szenarien von über 200 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2050 aus. Die Klimakrise – die vor allem von den Industrienationen verursacht wurde – gefährdet damit die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte besonders verwundbarer Bevölkerungsgruppen im globalen Süden.
  3. 12311293_10153947469635116_6601082003189828125_nWährend die Industrieländer für fast 80 Prozent der CO2-Anreicherung in der Atmosphäre verantwortlich sind, tragen die ärmsten Länder 80 Prozent der dadurch entstandenen und entstehenden Schäden. Der Umgang mit der Klimakrise ist darum eine globale Gerechtigkeitsfrage. Die Länder, die dafür die geringsten Kapazitäten haben, brauchen deshalb Unterstützung für die Klimaanpassung und die Bewältigung der Folgen des Temperaturanstieges.
  4. Der Begriff „Klimaflüchtling“ ist umstritten und rechtlich nicht durch die Genfer Konvention anerkannt, da diese weder die kurzfristige noch die langfristige Vertreibung durch die Klimakrise als Fluchtgrund anerkennt. In der Realität ist es schwer zwischen umweltbedingter Migration, Flucht und anderen Ursachen, wie schlechter Regierungsführung, Ressourcenverteilung oder Armut zu unterscheiden. Vorausschauend sollte daher jetzt eine Debatte über eine belastbare Rechtsgrundlage zur Anerkennung und zum Schutz von Klima- und Umweltflüchtlingen voran gebracht werden. Neuseeland hat in 2014 als erstes Land Flüchtlinge aufgenommen, die aufgrund des Klimawandels aus humanitären Gründen Asyl beantragt hatten, eine Familie aus dem Inselstaat Tuvalu. Bislang gilt die Klimakrise jedoch in keinem Land der Erde als Fluchtgrund.

Das möchten wir erreichen

  1. Einen konkreten Plan zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes und wie der deutsche Anteil von derzeit knapp zehn Milliarden Euro auf die ab 2020 international zugesagten Mitteln in Höhe von jährlich 100 Milliarden US-Dollar erhöht wird;
  2. vor allem vom Klimawandel besonders betroffene Regionen bei der Anpassung an die Klimaveränderungen finanziell und technisch unterstützen, unter Einbeziehung starker sozialer und menschenrechtlicher Leitplanken;
  3. die globale Energiewende voran treiben: Die Zusammenarbeit mit den am wenigsten entwickelten Ländern beim Aufbau einer nachhaltigen und bezahlbaren erneuerbaren Energieversorgung für alle und bei der Planung von sozial verträglichen Kohleausstiegsstrategien ausbauen;
  4. Schäden und Verluste der am härtesten Getroffenen völkerrechtlich anerkennen und an zentrale Stelle im Paris-Abkommen aufnehmen;
  5. gemäß der Erklärung zur Agenda 2030 auf der bevorstehenden Klimakonferenz alles dafür tun, dass die Weltgemeinschaft sich in Paris (COP 21) völkerrechtlich verbindlich zur Einhaltung der 2-, besser noch des 1,5-, Grad-Obergrenze verpflichtet;
  6. einen verbesserten Schutz und Rechtssicherheit von Klimaflüchtlingen – in Deutschland und international.

11026290_10153906913690116_1904078542849079161_nBeispiel Jordanien: Ein Land trocknet aus

  • Jordanien empfängt mehr Flüchtlinge als Deutschland, vor allem aufgrund des Kriegs in Syrien. Das Land am Jordan-Fluss hat mit seinem knapp 6,5 Millionen Einwohnern ca. 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Nur 1/5 davon leben in Camps, die anderen sind in Städten und Dörfern untergebracht.
  • Jordanien ist Partnerland der Deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist dabei der Wassersektor.
  • Jordanien trocknet aus, es liegt weltweit an Stelle vier in Bezug auf Wasserarmut. Wasser ist in Jordanien schon heute rund sechsmal so teuer wie in Deutschland. Der Jordanfluss ist aufgrund von Missmanagement und einem zu hohen Ressourcenverbrauch heute nur noch ein Bach und droht ganz auszutrocknen.
  • Studien gehen davon aus, dass der Niederschlag in Jordanien sich bis zum Jahrhundertende um bis zu 60 Prozent reduzieren wird, während gleichzeitig das Risiko an Fluten und Überschwemmungen weiter steigt. Auch die Durchschnittstemperatur soll in diesem Zeitraum um bis zu 2 Grad ansteigen. Gleichzeitig ist Jordanien an dem globalen Treibhausgasausstoß nur zu 0,01 Prozent beteiligt.

Beispiel Bangladesch: Ein Land geht unter12196305_10153921008565116_5630189777009068384_n

  • Bangladesch ist eines der ärmsten Länder der Erde und eines der bevölkerungsreichsten. Auf einer Fläche von weniger als der Hälfte Deutschlands leben 169 Millionen Menschen. Schon heute werden sehr viele Menschen aufgrund von Umweltveränderungen vom Land in die Städte gezwungen, wo sie oft in den Textilfabriken arbeiten. Gleichzeitig ist Bangladesch an den weltweiten Treibhausgas-Emissionen nur zu 0,15 Prozent beteiligt.
  • Es ist Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit seit 1971. Die Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind die Sektoren Erneuerbare Energien, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sowie Anpassung an den Klimawandel in städtischen Gebieten.
  • Bangladesch gehört zu einem der vom Klimawandel am stärksten bedrohten Länder. Ein Großteil seiner Fläche bildet das größte Flussdelta der Welt, das Gangesdelta. Das Land ist dementsprechend flach, große Teile liegen weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel. Dieser steigt in Bangladesch schon heute um einen Zentimeter pro Jahr.
  • Der IPCC rechnet mit einem Meeresspiegelanstieg von einem Meter bis 2100. Hinzu kommt die Versalzung durch das vordringende Meerwasser sowie die Zunahme von Extremwetterlagen wie Zyklonen. Schon im kommenden Jahrzehnt rechnen Experten mit 20-35 Millionen Klimaflüchtlingen innerhalb Bangladeschs und in Südasien.

 Beispiel Mali: Die extreme Trockenheit im Sahel11181885_10153872957410116_3997078690740962725_n

  • Mali gehört zu den ärmsten Ländern der Erde und liegt zu zwei Drittel in der Sahara und der Sahel-Zone. Vor allem der Norden des Landes ist stark kleinbäuerlich geprägt und über 40 Prozent der Wertschöpfung in Mali erfolgen in der Landwirtschaft.
  • Mali ist Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Dezentralisierung, Landwirtschaft und Wasser. Infolge des Konfliktausbruchs in Nordmali 2012 ist Deutschland dort außerdem im Rahmen der UN-Mission MINUSMA, der EU-Ausbildungsmission EUTM sowie der zivilen Ausbildungsmission EUCAP Sahel engagiert.
  • Mali ist zum Symbol für zwei gravierende Klimaprobleme geworden: Extreme Dürre und daraus resultierende Hungersnöte sowie die Desertifikation der Böden. So ist die Zone ohne ausreichende Niederschläge in nur 20 Jahren um 200 Kilometer Richtung Süden gewandert und die Niederschlagsmenge hat sich in der gesamten Sahelregion um 20-40 Prozent verringert. Die Folge war eine starke Abwanderung in den Süden, vor allem in die Hauptstadt Bamako, die in 2006 als die am schnellsten wachsende Stadt der Welt galt (Bevölkerungsanstieg zwischen 1987 und 2009 von 800.000 auf über 1,8 Millionen). Die wachsende Stadtbevölkerung ist vom Kauf von Nahrungsmitteln abhängig und daher von dürrebedingt schwachen Ernten sowie Preissteigerungen besonders betroffen. Dies führte bereits zu Aufständen und Unruhen.
  • Alle Klimaprognosen sagen für Mali voraus, dass es dort noch trockener und heißer werden wird. Das Risiko zu hungern, erhöht sich für die Menschen in Mali von 34 auf 44 Prozent und droht sogar auf bis zu 72 Prozent zu steigen. In der Folge wird die Flucht und Migration in den Süden des Landes sowie in die Nachbarstaaten stark ansteigen.
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