Antibiotikaeinsatz – Peter Meiwald http://www.peter-meiwald.de Bundestagsabgeordneter für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tue, 26 Sep 2017 21:44:11 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.8.2 Tierhaltung – eine Frage der Haltung http://www.peter-meiwald.de/tierhaltung-eine-frage-der-haltung/ http://www.peter-meiwald.de/tierhaltung-eine-frage-der-haltung/#respond Thu, 30 Apr 2015 09:18:28 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=5754 ]]> Heidewitzka, da war ja was los: Weit mehr als 100 Gäste im Friedrich-Hempen-Haus in Bad Zwischenahn-Ofen haben bewiesen, dass dieses Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Eingeladen hatte ich gemeinsam mit den Ärzten gegen Massentierhaltung e.V., dem BUND, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dem ökumenischen Zentrum Oldenburg (ÖZO) und dem Verband Entwicklungspolitik Niedersachsen (VEN) zu einem Informationsaustausch über das drohende antibiotische Zeitalter.

Im Publikum: über 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger

Im Publikum: über 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger

Die Video-Aufzeichnung des Gesprächs mit den Teilnehmern des Podium vorweg sehen Sie hier.

Im Publikum waren interessierte Verbraucher_innen jeden Alters, Landwirte und einige Ärzt_innen gespannt wie Bolle. Denn: Industrielle Tierhaltung funktioniert nicht ohne den Einsatz von Antibiotika. Doch die Erreger passen sich an und bedrohen längst auch die menschliche Gesundheit. Weil die Gefahr von Antibiotika-Resistenzen eben auch aus den Ställen droht, stellt sich zu Recht die Frage: „Tierhaltung – eine Frage der Haltung. Droht das postantibiotische Zeitalter?“

Podium und Publikum auf der Veranstaltung “Tierhaltung – eine Frage der Haltung”. Auf dem Podium v.l.n.r.: Ottmar Ilchmann (AbL), Stig Tanzmann (Brot für die Welt), ich, Gerhard Schwetje (Landw.Kammer Nieders.), Dr. Imke Lührs (Ärzte gegen Massentierhaltung)

Auf dem Podium v.l.n.r.: Ottmar Ilchmann (AbL), Stig Tanzmann (Brot für die Welt), ich, Gerhard Schwetje (Landw.Kammer Nieders.), Dr. Imke Lührs (Ärzte gegen Massentierhaltung) [Bilderschau – bitte klicken!]

Ärzte und Pflegepersonal in Praxen und Kliniken führen einen oft aussichtslosen Kampf gegen Infektionen mit antibiotikaresistenten Erregern. Das Auftreten von MRSA hat sich seit 1992 verzehnfacht. Vorsichtige Schätzungen sprechen von 132.000 MRSA-Nachweisen jährlich in Deutschland und etwa 30.000 Todesfällen durch MRSA und andere Erreger, die mit den vorhandenen Antibiotika nicht mehr zu bekämpfen sind bzw. Klinikbehandlungen extrem verteuern.

Dr. Imke Lührs, Rheumatologin aus Bremen und Mitglied der Initiative Ärzte gegen Massentierhaltung, stellte uns das Thema in einem überaus anschaulichen Referat  vor. Sie forderte u.a. einen sinnvollen Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin, ein Verbot des Einsatzes von Reserveantibiotika in der Tierhaltung und die Einführung einer Meldepflicht bei Feststellung antibiotikaresistenter Keime.

Dass wir dieses Thema zum richtigen Zeitpunkt aufgegriffen hatten belegt auch die Zusage des Präsidenten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für diesen Abend. Gerhard Schwetje, selber konventionell wirtschaftender Landwirt, verwies auf das Bundesamt für Risikoforschung, das den Landwirten exakt an die Hand gebe, wie viel Antibiotika sie ihren Tieren verabreichen würden. Ein weiterer Aspekt der intensiven Tierhaltung sei, dass sie sich dem Weltmarkt stellen müsse. Oha!

Dem widersprach logischerweise Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender der AbL, weil in Ställen mit mehreren tausend Tieren, insbesondere in der Geflügel- und Schweinehaltung, alle Tiere metaphylaktisch mit Antibiotika versorgt werden müssten, wenn einige wenige Tiere in der eng zusammenlebenden Herde erkrankt seien. Deswegen müssten die Haltungsbedingungen geändert werden. Eine Verringerung der Tierbesatzdichten, Auslauf der Tiere im Freien und eine Rückkehr zur Erzeugung der Futtermittel auf dem eigenen Hof, würden diesem Problem entgegenwirken.

Der vierte Gast dieses Abends war Stig Tanzmann von Brot für die Welt. Stig appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Pharmaindustrie, den Missbrauch von Antibiotika im Stall nicht weiter auf die Spitze zu treiben. Schließlich sei das Thema ein globales Gesundheitsthema. Zwar stürben auch in Deutschland immer mehr Menschen an Infektionen mit resistenten Keimen, doch in den sogenannten Entwicklungsländern könne sich kaum jemand ein Antibiotikum leisten.

Mehr Geld für die Forschung, um auch zukünftig mit wirksamen Antibiotika Menschen schützen zu können, dieser Forderung von Stig schloss ich mich an. Auch muss dringendst dafür gesorgt werden, dass noch wirksame Antibiotika den Menschen zur Verfügung stehen und eben nicht zur Lösung der Probleme der industriellen Tierhaltung gebraucht werden. Wir GRÜNEN fordern in diesem Zusammenhang eine Änderung des Dispensierrechtes der Tierärzte, so dass diese nicht mehr selbst an den von ihnen verordneten Antibiotika finanziell profitieren. Doch auch die Systemfrage nach der Zukunft der Landwirtschaft gerade in unserer Region muss gestellt werden.

Kompetente Fragen und Beiträge aus dem Publikum

Kompetente Fragen und Beiträge aus dem Publikum

Dies war auch Tenor der Diskussion mit dem Publikum, in dem viele Landwirte vertreten waren. Ein Weiter-So werde die bestehenden Probleme mit Antibiotika-Resistenzen ebenso verschärfen wie den bröckelnden Rückhalt der Bauern in der Bevölkerung und die Tendenz zum Höfesterben. Einig waren wir uns auf dem Podium, dass dazu der Dialog mit den konventionellen Landwirten wie mit den Biobauern zugunsten einer urenkeltauglichen Landwirtschaft dringend verstärkt werden müsse.

Ich bin sehr gespannt darauf, was sich ändern wird und wie schnell sich Fragen der Tierhaltung beantworten lassen. Sehr zufrieden bin ich damit, dass das Thema dieses Abends von sechs zivilgesellschaftlichen Institutionen richtig gewählt war. Das lässt mich hoffen.

Das Eingangsreferat von Dr. Lührs

Das Eingangsreferat von Dr. Lührs

Kompetente Fragen und Beiträge aus dem Publikum

Kompetente Fragen und Beiträge aus dem Publikum

Nach der eigentlichen Veranstaltung immer noch Diskussionen

Nach der eigentlichen Veranstaltung immer noch Diskussionen

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Kampf gegen Antibiotika-Missbrauch http://www.peter-meiwald.de/kampf-gegen-antibiotika-missbrauch/ http://www.peter-meiwald.de/kampf-gegen-antibiotika-missbrauch/#respond Mon, 09 Feb 2015 15:08:23 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=4789 ]]> Peter auf dem Treffen zum Grünen Aktionsplan Kampf gegen Antibiotika Missbrauch

Peter auf dem Treffen zum Grünen Aktionsplan Kampf gegen Antibiotika Missbrauch

Die Bundestagsfraktion setzt sich seit langem gegen Mißbrauch von Antibiotikum in der Tierhaltung ein. Zusammen mit sechs grünen AgrarministerInnen wurde der Aktionsplan „Kampf gegen Antibiotika-Missbrauch“ erarbeitet:

Seit Jahren warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einem postantibiotischen Zeitalter, in dem resistente Keime dazu führen, dass einfachste Infektionen beim Menschen nicht mehr behandelt werden können. EU-Länder wie Dänemark und die Niederlande haben die Gefahr erkannt und umfassend reagiert. Die Bundesregierung schiebt hingegen das Problem auf die lange Bank – und nimmt ihre Verantwortung für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger damit nicht wahr.

Auf Drängen der Länder wird es zwar ab diesem Jahr mit der Reform des Arzneimittelgesetzes eine bessere Erfassung des Antibiotikaeinsatzes in den Ställen und eine Beratungspflicht für vielverbrauchende Betriebe geben. Doch für die dringend erforderliche Senkung fehlt der Bundesregierung der politische Wille. Die aktuellen Zahlen belegen, wie groß das Problem noch immer ist: Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 1.452 Tonnen Antibiotika an Tiere verabreicht – fast doppelt so viele wie in der Humanmedizin. Die Abgabe der für die Behandlung Kranker wichtigen Reserveantibiotika stieg innerhalb zweier Jahre um bis zu 50 Prozent an. Die Folge: Resistente Keime gehören mittlerweile zum festen Inventar an der Fleischtheke.

Für die Krankenhäuser verschärfen die resistenten Keime aus der Massentierhaltung die ohnehin vorhandenen Resistenzprobleme, die sich aus dem teils unsachgemäßen Einnahme von Antibiotika in der Humanmedizin ergeben. Patientinnen und Patienten bringen die Keime immer häufiger mit ins Krankenhaus, wo sie Menschen mit ohnehin geschwächter Gesundheit gefährden können.

Wir stehen an der Seite der vielen Bäuerinnen und Bauern, die Ihre Tiere gesund und mit so wenig Antibiotika wie möglich aufziehen. Gemeinsam fordern wir Grüne in Bund und Ländern die Bundesregierung dazu auf, entschiedene Maßnahmen gegen den Antibiotika-Missbrauch zu ergreifen. Die sechs folgenden Maßnahmen sind unverzüglich umzusetzen:

1. Den Einsatz von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung verbieten. Ausnahmen hiervon sollten nur erfolgen, wenn keine Behandlungsalternative besteht und ein Erregertest ausweist, dass der Einsatz des Arzneimittels gerechtfertigt ist.

2. Mengenrabatte für Antibiotika abschaffen. Bislang gewähren Arzneimittelhersteller TierärztInnen bei der Abnahme großer Mengen von Antibiotika enorme Mengenrabatte. Dadurch entsteht für die VeterinärInnen ein wirtschaftlicher Anreiz, große Mengen von Antibiotika zu verkaufen.

3. Die Tierhaltung in Deutschland deutlich verbessern. Gesunde Tiere brauchen keine Antibiotika. Es ist beispielsweise ein Skandal, dass Puten so gehalten werden, dass neun von zehn Mastdurchgänge mit Antibiotika behandelt werden müssen. National und auf EU-Ebene müssen alle gesetzlichen Regelungen zum Schutz von Tieren so nachgebessert werden, dass sie ihrem Namen gerecht werden. Alle Masttiere brauchen mehr Platz, Auslauf, Einstreu und Beschäftigung. Für Puten muss dringend eine strenge und verpflichtende Haltungsverordnung geschaffen werden. Wir setzen uns dafür ein, dass artgerechte Haltungen zum Standard, den Bäuerinnen und Bauern vergütet und für Verbraucherinnen und Verbraucher klar gekennzeichnet werden.

4. In der Tierzucht den Tierschutzgedanken verankern. Die einseitige Zucht auf immer mehr Leistung überfordert unsere Tiere und ist mitverantwortlich für den hohen Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung.

5. Die gängige Praxis der Behandlung ganzer Bestände kritisch prüfen. Ungezielte Behandlungen fördern die Bildung resistenter Keime. Erregertests als Teil der Diagnose vor einer Gruppenbehandlung sind unerlässlich. Grundsätzlich sind Einzelbehandlungen mit Isolation des betroffenen Tiers das Mittel der Wahl.

6. Nachbesserungsbedarf beim Arzneimittelgesetz (AMG): Führt die Erfassung der Antibiotikagaben in den Betrieben zu keiner deutlichen Senkung des Verbrauchs, halten wir ein klares Minderungsziel für notwendig. Ferner muss die Bundesregierung dann die Ausnahmen von Betrieben bei der Auskunftspflicht einschränken. Momentan sind beispielsweise 50 Prozent der geflügelhaltenden Betriebe in Nordrhein-Westfalen nicht erfasst.

Hier findet ihr weitere Informationen zu Grüner Agrarpolitik

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Weltwassertag http://www.peter-meiwald.de/weltwassertag/ http://www.peter-meiwald.de/weltwassertag/#respond Fri, 21 Mar 2014 18:43:36 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=2672 ]]> Heute ist Weltwassertag! Ein Tag zum Nachdenken über Wasserversorgung, Wasserqualität und weltweitem Zugang zu sauberem und bezahlbarem Wasser.

Dazu fallen mir aus den Diskussionen der letzten Wochen viele Fragen und Themen ein:

– Wasser als Teil unserer Daseinsvorsorge, die nicht privaten Gewinninteressen unterliegen sollte. Hierzu gab es unlängst ja die erste erfolgreiche europäische Bürgerinitiative.

– Wasser als Lebensgrundlage, die für viele Menschen auf unserer Erde immer noch nur sehr unzureichend und oftmals in schlechter Qualität zu bekommen ist

– Wasser bei uns, das zuverlässig aus dem Wasserhahn kommt. Doch auch unsere Trinkwasserversorgung ist in Gefahr, aktuell vor allem durch eine wieder stark zunehmende Nitratbelastung infolge industrieller Landwirtschaft.
Unsere Gewässer sind überdüngt. Massentierhaltung und übermäßiger Einsatz von Düngemitteln sind wesentliche Faktoren der Nitratbelastung unserer Gewässer und des Grundwassers.

Wasser fließt in Waschbecken

Unser täglich Wasser

Erst kürzlich bescheinigte uns die EU in einem Bericht, dass wir in Deutschland europaweit die niedrigste Dichte an Messstellen für Nitrat im Grundwasser haben – das muss sich ändern. Denn dort, wo wir messen, sind die Ergebnisse erschütternd: Deutschland spielt in Europa in der Top-Liga der am stärksten verschmutzten Gewässer (neben Malta) mit. Die Hälfte aller Grundwassermessungen liegt über dem Grenzwert für Nitrat, der die Verwendung als Trinkwasser sicherstellt. Auch bei uns im OOWV-Wasserversorgungsgebiet werden die Probleme immer deutlicher.

Besonders in Gebieten mit Massentierhaltung landet zu viel Gülle auf dem Feld, sickert nach kurzer Zeit ins Grundwasser und landet letztendlich auch in unserem Trinkwasser. Nitrat im Trinkwasser belastet die Gesundheit, unter anderem weil beim Abbau des Nitrats im menschlichen Körper krebserregende Stoffe entstehen. Besonders gefährdet ist die Gesundheit von Säuglingen. Hohe Nitratwerte in Gräben und Bächen führen darüber hinaus zu starkem Algenwachstum und Sauerstoffmangel in Flüssen und Seen. Dadurch gefährden sie die Artenvielfalt in unseren Gewässern. Landwirtschafts- und Umweltpolitik müssen deshalb endlich besser zusammenarbeiten, um die Überdüngung unserer Gewässer zu stoppen.

Und dann kam dieser Tage auch das Umweltbundesamt mit einer Studie zur Wasserbelastung mit Antibiotika an die Öffentlichkeit. Diese zeigt zwar vordergründig für die meisten Brunnen in unserer Region noch keine besonders hohen Belastungen. Aber bei der Messstelle in Bösel zeigt sich bereits, welche Gefahren dem Trinkwasser auch hier drohen können.

Nutzen wir also gemeinsam den Tag des Wassers 2014 zum Nachdenken über eine wasserverträglichere Landwirtschaft. Industrielle Fleischerzeugung passt nicht mehr in unsere heutige Zeit und ihr Ideal nachhaltigen Lebens im Einklang mit unserer Natur. Denken wir daran beim nächsten (Fleisch-)Einkauf!

Hintergrundinformationen:

EU Bericht zum Schutz der Gewässer

Informationen zum Weltwassertag

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Immer noch größer? http://www.peter-meiwald.de/immer-noch-groesser/ http://www.peter-meiwald.de/immer-noch-groesser/#respond Tue, 09 Jul 2013 16:37:17 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=904 ]]> Billigschnitzel kommen teuer! (Quelle: gruene-bundestag.de)

Billigschnitzel kommen teuer! (Quelle: gruene-bundestag.de)

Gestern, am 8. Juli, hatte ich die Möglichkeit, der Bauausschusssitzung in der Gemeinde Rastede beizuwohnen, die sich unter Augen und Ohren von mehr als 200 ZuhörerInnen mit der beantragten Ansiedlung eines Riesen-Stalls für 918 Kühe in Kleibrok beschäftigt hat.

Die Landwirtschaft in der Parklandschaft Ammerland ist seit einigen Jahren immer mehr in den Sog der Südoldenburger Intensivlandwirtschaft geraten. Flächendruck durch fehlgesteuerten Energiepflanzenanbau, unsichere, oftmals nicht kostendeckende Milcherzeugerpreise und eine „Geiz-ist-geil“-Mentalität vieler Lebensmittelkunden treiben bäuerliche landwirtschaftliche Familienunternehmen in die Spirale von größeren Einheiten, höheren Investitionskosten und immer größerer Abhängigkeit von schwankenden Marktpreisen.

Ein solches Szenario droht nun auch unserem immer noch von bäuerlichen Strukturen geprägten Ammerland. Immer größere Ställe für Hühner, Schweine oder Milchkühe werden beantragt und gebaut – mit sich ankündigenden gravierenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit (durch breiten Antibiotikaeinsatz aufgrund der hohen Tierbesatzzahlen entstehen gefährliche antibiotikaresistente Keime), auf Atemluft (95 % der Ammoniakemissionen werden der Landwirtschaft zugeschrieben) und das Grundwasser (überhöhte Gülleausbringungen führen zu überhöhten Nitratwerten). Auch für das Landschaftsbild, das eine wesentliche Grundlage des prosperierenden Tourismus im Ammerland ist, wird das aufkommende Vordringen der Massentierhaltung zur Bedrohung.

Doch trotz der vom Bundestag im April auf den Weg gebrachten Baurechtsänderung fehlen den für eine sinnvolle Flächennutzungsplanung zuständigen demokratisch legitimierten Gemeinderäten weitestgehend die Möglichkeiten, hier steuernd einzugreifen.

Aktuelle Bauanträge für übergroße Milchviehhaltungen in Rastede-Kleibrok und Apen-Tange zeigen dieses Defizit deutlich auf. Die eingeführte Möglichkeit, über eine verpflichtende Bauleitplanung für Ställe, für die aufgrund der geplanten Tierzahlen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist, der Gemeinde ein Planungsinstrument in die Hand zu geben, greift nämlich nicht für „landwirtschaftlich privilegierte Intensivtierhaltungsanlagen“. Großställe, deren Betreiber nachweisen kann, dass er 50 % des Futters auf Betriebsflächen erzeugen könnte, gelten seit einer Baurechtsänderung in 2004 (§201 BauGB) trotz ihrer Größe als „bäuerlich“ und sind somit von der Bauleitplanung ausgenommen.

Ausstellung „Discrete Farms“ im Edith-Russ-Haus, Oldenburg

Ausstellung „Discrete Farms“ im Edith-Russ-Haus, Oldenburg

Dies wird der Realität heute nicht mehr gerecht, in der die übergroße Mehrheit der Bevölkerung die Massentierhaltung ablehnt und die Gemeindepolitik zu Recht für sich fordert, auch im Außenbereich gestaltend wirken zu können.

Nötig ist daher eine Weiterentwicklung des Baurechts, so dass Planungsgrundlagen für die übergroßen (z.B. über 600 Kühe), aber landwirtschaftlich privilegierten Intensivtierhaltungsanlagen (§35 Absatz 1 Nr. 1) genauso geregelt werden wie für die gewerblichen Tierhaltungsanlagen (§35 Absatz 1 Nr. 4). Außerdem muss Städten und Gemeinden zur Steuerung von Intensivtierhaltungsanlagen ermöglicht werden, für neu beantragte Tierhaltungsanlagen ein Bauverbot erlassen zu können, wenn bereits eine Tierdichte von zwei Großvieheinheiten pro Hektar auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche erreicht oder überschritten ist. Drittens ist der §201 BauGB wieder (wie bis 2004) so zu definieren, dass nicht nur das Futter überwiegend (also über 50 Prozent) auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, sondern auch tatsächlich zur Verfütterung im Betrieb verwendet werden muss.

Die VertreterInnen von CDU und FDP müssen also endlich nicht nur vor Ort gegen solche Fehlentwicklungen stimmen, sondern endlich aus der Region heraus in ihren Bundestagsfraktionen darauf drängen, die bisherige Blockadehaltung in diesen drei Punkten, die sich zuletzt in der Ablehnung des GRÜNEN Entschließungsantrags zur Baurechtsänderung gezeigt hat, schnellstmöglich zu beenden. Das gestrige einstimmige Abstimmungsergebnis aus dem Rasteder Bauausschuss lässt hier auf ein breiteres Umdenken hoffen.

Nur so können unsere Kommunalparlamente effektiv ihren Planungs- und Vorsorgeauftrag für Mensch und Natur wahrnehmen.

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