hormonelle Schadstoffe – Peter Meiwald http://www.peter-meiwald.de Bundestagsabgeordneter für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tue, 26 Sep 2017 21:44:11 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.8.2 Für Verbraucher und Umwelt http://www.peter-meiwald.de/fuer-verbraucher-und-umwelt/ http://www.peter-meiwald.de/fuer-verbraucher-und-umwelt/#respond Mon, 27 Feb 2017 15:31:04 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=11374 ]]> Heute steht ein Gastbeitrag von mir in der Frankfurter Rundschau:

Die Bundesregierung muss hormonschädigende Chemikalien verhindern. Dafür muss sie gegen die EU-Kommission stimmen. 

Sie stecken in Sonnencremes, Planschbecken, Pestiziden und Gummistiefeln: sogenannte endokrine Disruptoren, also Chemikalien, die im Körper ähnlich wie Hormone wirken. Die EU-Kommission hat Kriterien vorgelegt, die festlegen sollen, welche Chemikalien das Hormonsystem stören und deshalb strenger reguliert werden müssen. Am Dienstag sollen die Staaten der Europäischen Union (EU) im zuständigen Ausschuss über den Kriterienentwurf
abstimmen. Wissenschaftler fordern schon lange einen besseren Schutz vor diesen Stoffen, da sie die gesunde körperliche Entwicklung beeinträchtigen können und mit einer Reihe von Krankheiten in Zusammenhang stehen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt dazu etwa Brust- und Hodenkrebs, Unfruchtbarkeit und Diabetes. Sie
bezeichnete hormonelle Schadstoffe als „globale Bedrohung“.

Das Europäische Parlament und die EU-Staaten haben die Zulassung dieser Schadstoffe in Pestiziden und Bioziden bereits vor einigen Jahren per Gesetz verboten. Allerdings fehlten bislang EU-weit anerkannte, wissenschaftliche Kriterien zum Nachweis dieser gefährlichen Stoffeigenschaft. Die EU-Kommission hätte die Kriterien bereits 2013 vorlegen müssen. Wegen ihrer Verzögerungstaktik wurde sie 2015 vom Gericht der EU verurteilt. Im Juni veröffentlichte sie einen ersten Vorschlag im Rahmen der Biozid- und Pestizid-Verordnungen. Wissenschaftler, Verbraucher- und Umweltschutzverbände und mehrere EU-Staaten kritisierten ihn scharf.

Die EU-Kommission legt die Hürden für die Identifizierung einer Chemikalie so hoch, dass nach Experteneinschätz-ung wahrscheinlich kaum ein Stoff als Hormonstörer eingestuft werden dürfte. Selbst für eindeutig hormonschä-digende Substanzen wie PCB dürfte die geforderte Beweisführung kompliziert und langwierig sein. Die seitdem veröffentlichten Überarbeitungen haben daran nichts geändert. Bei den Probeabstimmungen in den zuständigen Gremien wurde die nötige Stimmenmehrheit der EU-Staaten bisher nicht erreicht.

Und was macht die Bundesregierung, um unsere Gesundheit und die Umwelt zu schützen? Umweltministerin Barbara Hendricks hat zwar versprochen, die Kriterien „zu einem Gewinn für Mensch und Umwelt in Einklang mit dem Vorsorgeprinzip“ machen zu wollen. Für eine deutsche Position bedarf es jedoch der Ressortabstimmung mit dem Landwirtschaftsministerium – und CSU-Minister Christian Schmidt ist bekannt für seine Nähe zur Agrarlobby.

In Brüssel hat sich die Bundesregierung mit den Kriterien zufriedengegeben, obwohl sie das Vorsorgeprinzip ad absurdum führen. Im Gegensatz zu Frankreich, Dänemark und Schweden, die sich nicht nur gegenüber der EU-Kommission für gute Kriterien einsetzen, sondern auch auf nationaler Ebene für einen besseren Schutz ihrer
Bevölkerung vor hormonellen Schadstoffen sorgen. Damit nicht genug, hat Deutschland in Brüssel für eine neue Ausnahmeregelung gesorgt, die eine weitere Hintertür für diese gefährlichen Substanzen öffnet: Wirkstoffe, die absichtlich als Hormonstörer gegen Schädlinge eingesetzt werden, sollen nicht als endokrine Disruptoren gelten.
Selbst dann nicht, wenn die hormonelle Wirkung auch Nützlinge und andere Tiere betrifft, die gar nicht bekämpft werden sollen.

Diese Logik ist absurd. Und führt dazu, dass die Stoffe nicht verboten werden, wie ursprünglich von der Gesetzgebung vorgesehen. Ist es Zufall, dass Beschäftigte großer Agrochemiekonzerne in einem Papier von 2013 genau diese Ausnahmeregelung für absichtlich entwickelte endokrine Disruptoren fordern? Statt die Belastung von Mensch und Umwelt mit hormonellen Schadstoffen endlich zu verringern, wird damit geradezu ein Anreiz gesetzt, hormonschädigende Pestizide zu entwickeln. Die Ausnahmeregelung ermöglicht sogar die Entwicklung von Mitteln, die das Hormonsystem von Wirbeltieren, etwa Ratten oder Mäusen, schädigen. Und das, obwohl die Weltgesundheitsorganisation davon ausgeht, dass die Hormonsysteme verschiedener Wirbeltierarten ähnlich funktionieren und die gesundheitlichen Auswirkungen die Artengrenzen überschreiten – bis hin zum Menschen.

Die US-amerikanische Gesellschaft für Endokrinologie hat die Vorschläge deshalb scharf kritisiert. Sie ist der weltweit größte Verband von Ärzten und Wissenschaftlern, die hormonbedingte Krankheiten behandeln und erforschen. Die Experten sprechen sich für Kriterien aus, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen – und nicht dem Wunschzettel der Agrarkonzerne: „Das Versäumnis, endokrine Disruptoren wirksam zu regulieren, hat einen hohen Preis. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass die gesundheitsschädigenden Auswirkungen der Belastung mit hormonellen Schadstoffen die Europäische Union jährlich mehr als 163 Milliarden Euro an Gesundheitsausgaben
und verlorener Produktivität kosten.“ Vom Leiden der betroffenen Menschen ganz zu schweigen.

Landwirtschaftsminister Schmidt steht besonders für diese industriefreundliche deutsche Position. Er sollte seinen Kampf gegen die Sojawurst unterbrechen und sich stattdessen für den Schutz von Umwelt und Gesundheit stark machen. Die Bundesregierung muss am Dienstag in Brüssel gegen den vorliegenden Kriterienentwurf der EU-Kommission stimmen. Sie muss sich dafür einsetzen, dass Kriterien verabschiedet werden, die alle hormonschädigenden Chemikalien umfassen. Nur dann können diese endlich eingeschränkt und verboten werden.

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Vorsorgeprinzip bei hormonellen Schadstoffen http://www.peter-meiwald.de/vorsorgeprinzip-bei-hormonellen-schadstoffen/ http://www.peter-meiwald.de/vorsorgeprinzip-bei-hormonellen-schadstoffen/#respond Tue, 29 Nov 2016 13:18:47 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=10567 ]]> Gummistiefel aus Weich-PVC - auch hier können sich hormonelle Schadstoffe verstecken (© Creative Commons Antony***/flickr)

Gummistiefel aus Weich-PVC – auch hier können sich hormonelle Schadstoffe verstecken (© Creative Commons Antony***/flickr)

Vom Gummistiefel bis zur Konservendose: viele Alltagsprodukte enthalten Chemikalien, die in das Hormonsystem eingreifen, so genannte „endokrine Disruptoren“. Sie können die gesunde Entwicklung des menschlichen Körpers stören. Die Weltgesundheitsorganisation hat diese Stoffe deshalb als „globale Bedrohung“ bezeichnet.

Bislang fehlte jedoch eine Definition, welche Chemikalien als endokrine Disruptoren anzusehen sind. Die Europäische Kommission hat nach langen Verzögerungen im Juni einen Entwurf für Kriterien zur Identifizierung von hormonellen Schadstoffen vorgelegt.

Dieser Kriterienvorschlag stieß jedoch auf massive Kritik von Mitgliedstaaten, Mitgliedern des Europäischen Parlaments, der europäischen Chemikalienagentur, Wissenschaftlern sowie Umwelt- und Verbraucherverbänden. Denn die Kriterien würden erst greifen, wenn bereits Schaden an der Umwelt und der menschlichen Gesundheit eingetreten ist. Die EU-Kommission musste die Kriterien deshalb noch einmal überarbeiten.

Doch auch der neue Vorschlag greift die wichtigsten Kritikpunkte nicht auf, sondern missachtet weiterhin das Vorsorgeprinzip. Die Beweislast ist so hoch, dass kaum eine Chemikalie als endokriner Disruptor erkannt und verboten werden könnte. Wir Grüne haben deshalb einen Antrag eingebracht, in dem wir die Bundesregierung auffordern, sich bei den weiteren Verhandlungen in Brüssel dafür einzusetzen, dass alle Schadstoffe mit hormoneller Wirkung auch als solche erkannt und verboten werden. Am Donnerstag wird darüber abgestimmt.

Mehr Infos:
Bericht über unser Fachgespräch zur „Alltagsgefahr Hormongifte“

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EU-Kommission schützt Menschen und Umwelt nicht vor hormonellen Schadstoffen http://www.peter-meiwald.de/eu-kommission-schuetzt-menschen-und-umwelt-nicht-vor-hormonellen-schadstoffen/ http://www.peter-meiwald.de/eu-kommission-schuetzt-menschen-und-umwelt-nicht-vor-hormonellen-schadstoffen/#respond Thu, 16 Jun 2016 08:35:44 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=9355 ]]> Enthalten häufig den hormonellen Schadstoff BPA: Kassenbons (© Herr Olsen/flickr)

Enthalten häufig den hormonellen Schadstoff BPA: Kassenbons (© Herr Olsen/flickr)

Mit zweieinhalb Jahren Verspätung hat die EU-Kommission gestern endlich Kriterien zur Identifizierung von Chemikalien vorgeschlagen, die wie Hormone wirken („endokrine Disruptoren“). Die Vorschläge sind jedoch eine herbe Enttäuschung. Erst hat  die Kommission die Vorlage jahrelang verschleppt und jetzt hat sie die Chance verpasst, wissenschaftliche Kriterien zu verabschieden, die einen hohen Schutz von Mensch und Umwelt sicherstellen.

Denn die vorgeschlagenen Kriterien fordern eine viel zu hohe Beweislast: Erst wenn zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass eine Chemikalie eine hormonähnliche Wirkung besitzt und zu einer Schädigung im menschlichen Körper führt,  können Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Wie schwer diese kausale Beweisführung bei Schadstoffen ist, weiß man von Fällen wie Asbest, PCB oder Blei – erst Jahrzehnte, nach denen unabhängige Wissenschaftler auf die Gefahren dieser Stoffe aufmerksam gemacht haben, konnten sie endlich verboten werden. Chemikalien, bei denen vermutet wird, dass sie eine hormonelle Wirkung besitzen, will die EU-Kommission weiter zulassen. Das widerspricht dem Vorsorgeprinzip und der aktuellen Pestizidgesetzgebung.

Die Verschleppung der Regulierung von hormonellen Schadstoffen ist ein Beispiel dafür, wie die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen TTIP bereits jetzt schon den Verbraucher- und den Umweltschutz ausbremsen. Das Beharren der Kommission auf der Durchführung einer ökonomischen Folgenabschätzung macht deutlich, dass Industrieinteressen Vorrang haben vor dem Schutz von Umwelt und Gesundheit. Die Bundesregierung muss sich nun im zuständigen Expertenausschuss des Rates gegen den Vorschlag der EU-Kommission und für das Vorsorgeprinzip aussprechen.

Mehr Infos:

 

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