Innenpolitik – Peter Meiwald http://www.peter-meiwald.de Bundestagsabgeordneter für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tue, 26 Sep 2017 21:44:11 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.8.2 Gemeinsam sicherer http://www.peter-meiwald.de/gemeinsam-sicherer/ http://www.peter-meiwald.de/gemeinsam-sicherer/#respond Fri, 16 Jun 2017 10:59:23 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=12287 ]]> Gemeinsam mit dem GRÜNEN Stadtverband habe ich meine liebe Kollegin Irene Mihalic aus Gelsenkirchen eingeladen, um mit ihr und weiteren Gästen das Thema Innere Sicherheit zu bearbeiten. Als Polizistin ist Irene unsere kompetente Sprecherin für Innenpolitik in der Bundestagsfraktion.

Sicherheitspolitik aus dem Bauch heraus ist völliger Quatsch und dient niemandem. Wir müssen an jedem Ort genau hinsehen und analysieren, welches Problem vorliegt. Sicherheitsgesetze mit heißer Nadel stricken wie die Bundesregierung dies tut schadet der Prävention, also der Vorsorge, Schlimmeres zu verhindern. Dies ist das Ergebnis einer äußerst interessanten Frühstücksrunde im Oldenburger Biorestaurant Seidenspinner mit meiner lieben Bundestgaskollegin Irene Mihalic aus Gelsenkirchen, mit Melanie Blinzler, der Geschäftsführerin des Oldenburger Präventionsrates und dem Leiter der Polizeiinspektion Oldenburg Stadt, Ammerland, Eckhard Wache.

Sicherheitspolitik aus dem Bauch heraus ist völliger Quatsch und dient niemandem. Wir müssen an jedem Ort genau hinsehen und analysieren, welches sicherheitspolitische Problem vorliegt. Sicherheitsgesetze mit heißer Nadel stricken wie die Bundesregierung dies tut schadet der Prävention, also der Vorsorge, Schlimmeres zu verhindern. Dies ist das Ergebnis einer äußerst interessanten Frühstücksrunde im Oldenburger Biorestaurant Seidenspinner mit meiner lieben Bundestagskollegin Irene Mihalic (li. neben mir) aus Gelsenkirchen, mit Melanie Blinzler (vorne), der Geschäftsführerin des Oldenburger Präventionsrates und dem Leiter der Polizeiinspektion Oldenburg Stadt, Ammerland, Eckhard Wache (hinter Frau Blinzler).

Die Innere Sicherheit ist ein „fühliger“ Begriff. Jede und jeder von uns fühlt sich unterschiedlich sicher oder eben weniger sicher. Das hängt stark am Ort und der direkten Umgebung ab. Es gibt auch kein Instrument, das ein objektiv bestimmbares Sicherheitsgefühl messen könnte. Das bleibt diffus, und auch deswegen ist es gar nicht so leicht, darüber miteinander ins Gespräch zu kommen, wenn sich alle unterschiedlich sicher fühlen.

Mehr Sicherheit für weniger Freiheit? Das ist ein schmaler Grat und darüber müssen wir sprechen. Denn das Thema treibt viele Menschen um. Sei es die Alltagskriminalität oder Abzocke im Netz oder die Abwehr von Terror, der uns überall treffen kann.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière versucht mit einer massiven Law-and-Order-Politik den Menschen zu erzählen, dass er durch immer mehr Überwachung und andere Beschneidung von bürgerlichen Freiheitsrechten in der realen wie der virtuellen Welt mehr Sicherheit herstellen kann. Doch sollte uns doch ein Blick in die Türkei oder nach Russland, wo diese Strategie seit langem verfolgt wird, schnell zeigen, dass diese Gleichung nicht aufgeht. Kriminalität und Terror sind dort deutlich stärker verbreitet als bei uns. Und auch ein Blick nach Frankreich, wo es seit langem eine Vorratsdatenspeicherung und Militär auf den Straßen gibt, sollte uns davor bewahren, auf einfach klingende Lösungen zu vertrauen.

Objektive wie subjektiv erlebte Sicherheit in einer Gesellschaft sind vielmehr zuvorderst eine Frage der sozialen Kohäsion. Gelingende Integration, Toleranz und berufliche Perspektiven für junge Menschen sind hier wichtige Parameter, auch wenn sie natürlich eine erfolgreiche Polizeiarbeit nicht ersetzen, sondern sinnvoll präventiv flankieren.

Bürgerrechte einschränken ist dagegen keine gute Idee. Natürlich muss unsere Sicherheitsarchitektur sich wandelnden gesellschaftlichen und technologischen Bedingungen anpassen. Hysterischer Aktionismus mit heißer Nadel gestrickt ist dabei allerdings nicht hilfreich. Gerade der tragische Fall Anis Amri hat doch gezeigt, dass es nicht an Gesetzen zur Gefahrenabwehr in Deutschland mangelt, sondern dass an deren Anwendung intensiv gearbeitet werden muss. Der Attentäter war immer wieder im Visier der Fahnder, seine kriminelle Energie war polizeibekannt, und selbst Terrorwarnungen des marokkanischen Geheimdienstes lagen vor. Diverse Fehlbewertungen in Geheimdiensten und Polizeistrukturen führten in ihrer Verkettung dazu, dass der furchtbare Anschlag gelang, nicht fehlende gesetzliche Grundlagen. Die Bundesregierung muss sich also dringend um diese strukturellen Probleme in der Zusammenarbeit zwischen Länder- und Bundesbehörden kümmern, das bestehende Geheimdienstsystem der diversen Verfassungsschutzämter muss abgeschafft werden.

Wir GRÜNEN wissen, dass wir mit dem Thema Innere Sicherheit keine Wahlen gewinnen können, aber wir können viel verlieren, und deshalb bieten wir Lösungsvorschläge an und ducken uns nicht weg. Auch zum Thema Verfassungsschutz haben Irene Mihalic und unsere Fraktion unlängst konkrete Vorschläge vorgelegt, die auf ein neues Amt und vor allem wissenschaftliche Analyse extremistischer Bedrohungen setzen. Und natürlich muss unsere Polizei personell und technisch in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen. Über Jahre hinweg haben insbesondere CDU-geführte Regierungen im Bund und in den Ländern die Polizei als Melkkuh für Personaleinsparungen missbraucht, so dass heute Polizisten Millionen Überstunden vor sich herschieben und mancherorts technisch den Herausforderungen der Kriminalität im Internet nichts entgegenzusetzen haben. Hier muss gegengesteuert werden, aber das braucht Zeit. Qualifizierte Polizist*innen müssen ausgebildet werden und stehen deswegen erst in einigen Jahren zur Verfügung, auch wenn jetzt die richtigen Schalter umgelegt werden.

Parallel muss, darauf wies unser Gesprächspartner von der Polizei, Eckhard Wache, Leiter der Polizeiinspektion Oldenburg-Stadt/Ammerland, zu Recht hin, auch das Personal in Gerichten und Staatsanwaltschaften aufgestockt werden, damit auf polizeiliche Ermittlungsarbeit auch kurzfristige Urteile erfolgen können.

Das eigentliche Thema subjektiv gefühlter Sicherheit aber lässt sich nicht durch statistisch sinkende Kriminalitätsraten (da sind wir in Deutschland seit Jahren auf einem guten Weg) abräumen. Es stellt sich im Alltag: Und da müssen wir schon ins Detail gehen und fragen, was ist es, was dich dazu veranlasst dich sicher oder eben weniger sicher zu fühlen? Wodurch fühlen sich Menschen auf der Straße sicher oder verunsichert und warum? Welchen Einfluss haben Medienberichte über Kriminalität und Terror und ihr qualitatives wie quantitatives Verhältnis zu Berichten über gesellschaftlichen Zusammenhalt oder gelingende Integration? Warum vertrauen viele Menschen so sehr auf Hetze und Panikmache in verschiedenen „Sozialen Medien“? Was kann noch mehr gegen Einbruchsdiebstähle getan werden, die besonders verunsichernd wirken, weil direkt in die Privatsphäre eingedrungen wird? Diese Fragen müssen bearbeitet werden.

Gerade deswegen ist ein präventiver Ansatz auch so wichtig, um langfristig sich diesen Fragen zu stellen und nicht auf ein plötzliches Ereignis umso härter zu reagieren. Prävention muss dabei als kontinuierlicher Prozess betrachtet werden und eben nicht aktionistisch als Reaktion auf einzelne Extremismus-Phänomene. Wer in unserer Gesellschaft angekommen ist und sich zugehörig fühlen kann, ist deutlich weniger empfänglich für extremistische Ideologie – von Rechts ebenso wie von Salafisten. Darauf wies Melanie Blinzler, Geschäftsführerin des Oldenburger Präventionsrates, auch mit kritischem Blick auf die oftmals rein projektbezogene Finanzierung der Präventionsarbeit in Deutschland hin.

Und selbstverständlich geht es auch um sichere Daten im Netz. Datenhungrigen Unternehmen und Kriminellen müssen deutliche gesetzliche Grenzen aufgezeigt werden. Ob Smart-Metering, autonomes Fahren oder die Auswertung von Gesundheitsdaten, längst liegen Pläne zur umfassenden Algorithmisierung von individuellem Verhalten in den Schubladen, die bestehende Schutzmechanismen wie das Prinzip der Einwilligung ins Leere laufen lassen und, ob in der Versicherungs-, der Finanz- oder Gesundheitswelt, unsere auf Freiheit und Solidarität aufbauende Gesellschaft gefährden können. Auch bewusst für die Geheimdienstarbeit offengehaltene „Backdoors“, Sicherheitslücken in Computerprogrammen und Betriebssystemen, bergen große Risiken, derer sich Kriminelle und Terroristen ebenfalls bedienen können. Auch eine politische Kontrolle geheimdienstlicher Aktivitäten, man denke nur an die „Selektorenlisten“ von NSA und BND, auf die die Bundesregierung dem Parlament weiterhin jeden Einblick verwehrt, ist so praktisch unmöglich. Das müssen wir politisch ändern.

 

Abschließend bleibt festzustellen:

Wer unsere Freiheit der gefühlten Sicherheit opfern will, wird am Ende beides verlieren.

Danke an Irene für Ihre fundierten Positionen.

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Fortsetzung des Merkel-Kurses http://www.peter-meiwald.de/fortsetzung-des-merkel-kurses/ http://www.peter-meiwald.de/fortsetzung-des-merkel-kurses/#respond Sun, 01 Dec 2013 17:30:36 +0000 http://www.peter-meiwald.de/?p=2079 ]]> Gedanken zum Koalitionsvertrag

Nun ist es also doch noch geschehen: Die Großkoalitionäre Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) haben ihr Regierungsprogramm für die kommenden vier Jahre in Berlin präsentiert. Die in Teilen der Bevölkerung und den Medien häufig geäußerte Hoffnung, dass eine Große Koalition auch Großes bewegen kann stimmt zwar theoretisch, vor allem umwelt- und energiepolitisch ist aber eher ein „Großer Stillstand“ zu verzeichnen. Hier, genauso wie auch in der Rentenfrage werden wichtige Zukunftsfragen unbeantwortet gelassen und bereits heute klar erkennbare Probleme auf zukünftige Generationen abgeladen.

Der Klimaschutz als übergeordnete „Megaaufgabe“ in Deutschland ist mit diesem Papier für beendet erklärt worden. Die Energiewende wird zerlegt. Zwar geben Union und SPD vor, dass sie bis 2030 60% Erneuerbare anstreben, aber ambitioniert ist anders. Zum Vergleich: Der Kreistag Ammerland hat sich einstimmig (auch mit den Stimmen von Schwarz & Rot auf 100% Erneuerbare im gleichen Zeitraum verständigt!). Somit fällt Deutschland endgültig als Lokomotive für Klimaschutz & Energiewende – vor allem auch auf EU-Ebene – aus. Unverschämt bis skandalös war ja bereits das Veto von Kanzlerin Merkel gegen strengere EU-Abgasnormen, welches sie in Brüssel für die deutsche Autolobby einlegte – übrigens während sie in Berlin mit uns Grünen Sondierungsgespräche führte. Im Koalitionsvertrag bleibt der dringend reformbedürftige Emissionshandel unrepariert, „Kohle statt EEs“ wird zum Leitmotiv und gemeinsamen Nenner mit einer kraftvollen NRW-SPD, und das Thema Energieeffizienz wird gar nicht angegangen. Dies alles wird auch negative Folgen für unsere Region haben: Schwarz-Rot hat keinen Plan für den windreichen Nordwesten – weder was die Zukunft von Offshore, noch was die Perspektive der Onshore-Windenergie betrifft. Investor_innen bleiben verunsichert.

Im Umweltbereich sieht es nicht viel besser aus: viel Wohlfühlrhetorik ohne irgendeinen inhaltlichen Anspruch. Alle genannten Ziele sind lediglich Weiterführungen bereits beschlossener Programme (z.B. Biodiversitätsprogramm, Übertragung Naturerbe, Hochwasserschutz) oder sowieso notwendige Umsetzungen von EU-Recht. Gerne werden auch vage Versprechen gemacht, die andere (EU) umsetzen, oder die woanders realisiert werden sollen (Meeresschutzgebiete, Arktisschutz). In Europa wird der Bodenschutz weiterhin torpediert, ein Register für Nanomaterialien nicht eingeführt.

In der Agrarpolitik ist kein Unterschied zwischen Schwarz-Gelb und Schwarz-Rot zu erkennen. Die auf Intensivierung und Exportorientierung setzende Politik der letzten acht Jahre wird konsequent fortgesetzt. Die dringend notwendigen Impulse für eine Agrarwende hin zu einer bäuerlichen, umweltverträglichen, regional verankerten Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung fehlen. Der klare Bürger_innenwille gegen ein „Weiter-so“ in der industriellen Massentierhaltung wird in diesem Koalitionsvertrag nicht berücksichtigt.

Auch die Verkehrspolitik ist nicht gerade von Gestaltungswillen geprägt. Nach wie vor verstehen Union und SPD Verkehr als Hebel einer old-fashioned Wirtschaftspolitik. Dass in der Verkehrspolitik jedoch ein entscheidender Schlüssel zum Gelingen der Klima- und Energiewende liegt, hat sich nicht bis ins Konrad-Adenauer- oder Willy-Brandt-Haus herumgesprochen. Stattdessen wird Verkehr nur im Zusammenhang mit der PKW-Maut kommuniziert und ganz nebenbei die Luftverkehrssteuer abgeschafft. Mit dieser hat der Bund 527 Millionen Euro in 2011 eingenommen. Der gewiss autofreundliche ADAC schätzt die Einnahmen aus der Maut für ausländische PKWs auf gerade mal 260 Millionen Euro jährlich.

Zur Innenpolitik ist zu bemerken, dass in puncto „Doppelpass“ keine echte Lösung, sondern ein fauler Kompromiss geschlossen wurde. Warum die Option nur für in Deutschland geborene Menschen gelten soll ist schleierhaft und lässt sich nur mit einem sehr konservativen Weltbild begründen. Hier konnte sich die SPD anscheinend nicht durchsetzen. Bei der Vorratsdatenspeicherung hingegen wissen wir schon länger, dass Schwarz und Rot gut zusammenpassen. Auch hierzulande laufen grundsätzliche Bürgerrechte (Stichworte: Unschuldsvermutung, Fernmeldegeheimnis) Gefahr, unter die Räder zu geraten und auch der NSA-Skandal hat hier kein Umdenken gebracht. Im Gegenteil: Nach der peinlichen Schlappe im Bereich der Spionageabwehr wollen auch deutsche Sicherheitsbehörden nun zeigen, was sie draufhaben.

Und abschließend noch ein Wort zur eingangs erwähnten Rentenproblematik: Eine abschlagsfreie Frührente nach 45 Beitragsjahren geht an der Lebensrealität in diesem Land vorbei und betrifft all die Bevölkerungsgruppen nicht, die gewollt oder ungewollt (meist letzteres) eine „gebrochene Erwerbsbiographie“ aufweisen. Dass diese jedoch mehr und mehr der Normalfall in unserer Arbeitswelt ist, wird völlig ignoriert. Ein solches Instrument hätte vielleicht in die 50er oder 60er Jahre gepasst.

Es gibt also – nicht nur in diesen von mir aufgegriffenen Bereichen – eine ganze Menge zu tun für eine vergleichsweise kleine grüne Opposition. Wir beginnen jetzt mit der Arbeit!

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