Am Mittwoch, dem 22.05.2013 trafen sich die Ammerländer GRÜNEN zu ihrer monatlichen Kreismitgliederversammlung, dieses Mal in Bad Zwischenahn. Ich habe dort einen Kurzvortrag zum Thema „Mindestlohn jetzt!“ gehalten.
Der Mindestlohn hat eine längere Geschichte, als man im Allgemeinen annimmt, habe ich bei meinen Recherchen zu dem Kurzvortrag herausgefunden. So gab es z.B. bereits 1894 in den Niederlanden eine erste urkundliche Erwähnung von Mindestlöhnen. In den USA ist 1938 ein Mindestlohn eingeführt worden. Mit Mindestlöhnen wird mittlerweile in fast allen europäischen Staaten und in Nordamerika das Ziel verfolgt, ein angemessenes Einkommensniveau festzusetzen, so dass jede und jeder – unabhängig von Schulabschluss und Art der Tätigkeit – finanziell von seiner Arbeit leben kann. Dabei sind international die Unterschiede enorm, je nach Land, Kaufkraft, politischer Entscheidung und Lebenshaltungskosten bewegen sich die Mindestlöhne zwischen 0,95 Euro/Stunde und 12,00 Euro/Stunde.
In Deutschland gilt der Mindestlohn bisher nur in 11 Branchen, u.a. in der Pflegebranche, der Gebäudereinigung und der Leiharbeit. Einen branchenübergreifenden, flächendeckenden Mindestlohn gibt es in Deutschland bisher nicht. Diesbezüglich gehört Deutschland innerhalb Europas noch immer zu den Ausnahmen – und das, obwohl in Artikel 4 der Europäischen Sozialcharta „das Recht auf ein gerechtes Arbeitsentgelt“ festgeschrieben ist, und der Europarat bereits 2010 festgestellt hat, dass Deutschland dieses Recht nicht einhält.
Mittlerweile ist nachgewiesen, dass mit Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes für alle die Schwarzarbeit zurückgeht, weil weniger Menschen nebenher arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Auch die Gefahr der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland besteht kaum, da viele der Jobs im Niedriglohnsektor in ortsgebundenen Dienstleistungen wie Bäckereien, dem Bewachungsgewerbe, der Friseurbranche und der Gastronomie ausgeübt werden.
Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass ein politisch festgelegter Mindestlohn lediglich eine Einkommensuntergrenze darstellt. Die jeweiligen Tarifpartner sind auch weiterhin frei, Entgelte zu verhandeln, die darüber liegen. Die Tarifautonomie bleibt also gewahrt! Und: Besser geht immer.
Die derzeit diskutierten 8,50 Euro pro Stunde können dabei nur der Einstieg in den Mindestlohn sein. Dieser Stundenlohn bewahrt v.a. Familien noch nicht hundertprozentig davor, mithilfe von Arbeitslosengeld II das Familieneinkommen so weit aufzustocken, dass die Familie davon leben kann. Die Notwendigkeit der Aufstockung wird aber insgesamt sinken, und das ist wichtig. Im Moment subventionieren die Steuerzahlenden ausbeuterische UnternehmerInnen, die mit Dumpingpreisen andere Unternehmen unter Druck setzen. Laut einer aktuellen Statistik sind 22% der Vollzeit-ArbeitnehmerInnen trotz Arbeit von akuter Armut bedroht. Allein 1,3 Millionen Menschen holen in einem der reichsten Länder der Welt regelmäßig ihre Lebensmittel bei den Tafeln.
Niedriglohn führt zur Niedrigrente und in die Grundsicherung. Private Altersvorsorge – als Rentensicherungselement sowieso kritisch zu betrachten – ist bei Bezug von Niedriglohn faktisch unmöglich. Der Altersarmut wird somit Vorschub geleistet.
Ein gesetzlicher Mindestlohn ist also insgesamt eine wichtige Voraussetzung, aber trotzdem nur ein Baustein zu sozialem Ausgleich in der Gesellschaft. Andere wichtige Bausteine sind die Bürgerversicherung, die zur Krankheits- und Altersvorsorge endlich alle Einkommen heranziehen wird, und eine Kindergrundsicherung. Auch die Diskussion über notwendige Lebensstiländerungen, den Wachstumsglauben und das bedingungslose Grundeinkommen müssen weiter und tiefer geführt werden, um irgendwann das Ziel eines menschenwürdigen Lebens für alle zu erreichen.
Nach meinem Vortrag und einer engagierten Diskussion zog unser GRÜNER Kreistagsfraktionsvorsitzende Friedrich Haubold eine positive Zwischenbilanz der ersten 18 Monate der Zusammenarbeit von SPD, UWG und GRÜNEN im Ammerländer Kreistag. Kreisvorstandssprecher Karl-Fritz Gertjejanssen wies auf die GRÜNEN Veranstaltungen hin, die in den nächsten Wochen und Monaten im Ammerland stattfinden: Das sind u.a. eine Veranstaltung mit der Tierärztin Dr. Anita Idel am 11.06.13 in Ohrwege/Bad Zwischenahn und unser GRÜNES Sommerfest am 11.08.13 in Haarenstroth/Bad Zwischenahn. „Wir hoffen bei all diesen Veranstaltungen auf viele Gäste“, so Karl-Fritz Gertjejanssen.
Dass das Thema Mindestlohn überhaupt auf den Tisch gekommen und auch durchgesetzt wird, ist schon ein sehr wichtiger Schritt, den man hier gegangen ist. Damit sollte das Thema aber nicht beendet sein, denn hier gehört noch einiges mehr dazu, damit die Menschen endlich auch wieder von ihrem Lohn leben und eine Familie ernähren können. Das ist leider bei vielen immer noch nicht der Fall.