Vortrag während der Ortsverbandssitzung der Wiefelsteder GRÜNEN am 10.06.2013
Rwanda ist auch zwanzig Jahre nach dem Genozid noch ein Land voller Gegensätze, ein Land zwischen Verunsicherung und Aufbruch. Die Wiefelsteder GRÜNEN gaben mir am 10.06.2013 während ihrer Ortsverbandssitzung die Gelegenheit, von meiner Reise in dieses ostafrikanische Land im März diesen Jahres zu berichten.
Für Montag, den 10.06.2013, hatten mich die Wiefelsteder GRÜNEN eingeladen, während ihrer letzten Ortsverbandssitzung vor den Sommerferien in Rabe’s Gasthof in Wiefelstede von meiner Reise nach Rwanda im März diesen Jahres zu berichten.
Seitdem ich Anfang der 90er Jahre ein Jahr in Rwanda gelebt und gearbeitet habe, besuche ich immer wieder Land und FreundInnen in diesem dicht besiedelten afrikanischen Land voller Gegensätze, das auch „Land der tausend Hügel“ genannt wird.
Vor zwanzig Jahren stand Rwanda wegen des Genozids in der weltweiten Öffentlichkeit, seitdem ist das Land in der öffentlichen Wahrnehmung wieder an die Peripherie gerückt. Noch ist nicht abzuschätzen, in welche Richtung sich das Land bewegen wird. Seit dem Genozid wurden – bis auf die Hauptstadt Kigali – alle Städte neu benannt, Rwanda bekam eine neue Flagge und eine neue Hymne. All das als Zeichen dafür, dass unter die Geschichte ein Schlussstrich gezogen wurde und der Blick auf die Zukunft gerichtet ist. Trotzdem ist die Geschichte allgegenwärtig, in jedem Dorf gibt es Genozidgedenkstätten, jedes Jahr um den 07. April herum findet eine Gedenkwoche statt, fast jeder ist in seiner Familien- und Lebensgeschichte betroffen.
Im Laufe des Abends berichtete ich von dem, was sich in den letzten 20 Jahren in Rwanda in fast allen Teilen des gesellschaftlichen Lebens bewegt und verändert hat. So ist ein modernes Bussystem entstanden, und überall im Land gibt es Handyempfang. Besonders durch diese Möglichkeit der ständigen Erreichbarkeit hat sich die Kommunikation in den letzten 10-15 Jahren grundlegend verändert. Von Nachteil ist allerdings, dass derzeit die Handymasten noch mit Dieselmotoren betrieben werden. Von deutscher Entwicklungshilfe wird überlegt, afrikanische Handymasten mit Solarboxen auszustatten, um den enormen CO2-Ausstoß dieser Kommunikationstechnologie zu minimieren.
Auch die Elektrifizierung des Landes ist vorangekommen. Zum größten Teil wird Strom allerdings trotz des großen natürlichen Potentials für Solar- und Wasserkraftnutzung aus Öl gewonnen, das auf Landweg vom Hafen Mombasa importiert wird. Alternativen, z.B. das Wasserkraftwerk Masimeru, das ich in Südrwanda besichtigte, haben es angesichts komplizierter Bürokratie und extrem schwieriger Finanzierung noch sehr schwer. Hier hätte über den Einfluss auf regionale Entwicklungsbanken oder über die deutsche staatliche KfW-Bank auch die deutsche Politik noch Handlungsspielräume, die bisher leider nicht genützt werden.
Bildungspolitisch macht Rwanda große Anstrengungen. „Die Schulpflicht wird gerade auf 12 Jahre für alle ausgeweitet, und mittlerweile gibt es sogar eine Kindergartenpflicht. Allerdings hinkt die Ausbildung von ErzieherInnen und LehrerInnen den Ansprüchen noch hinterher.
Wirtschaftlich versucht Rwanda als rohstoffarmes Land mit guter Infrastruktur zum Dienstleistungsstandort in Ostafrika zu werden. Während auf dem Land nach wie vor die Subsistenzlandwirtschaft vorherrscht und die Kaufkraft weiterhin sehr niedrig ist, entwickelt sich in den Städten eine Immobilienblase. In den Städten entstehen neue Viertel, z.B. für die Genozid-Opfer, gleichzeitig werden lang gewachsene Strukturen von Stadtteilen vom Reißbrett abgelöst.
Insgesamt ist Rwanda ein Land zwischen Angst vor einer Wiederholung der Geschichte und Stabilität, zwischen Verunsicherung und Aufbau. Das zeigt sich auch daran, dass die Entwicklung demokratischer Prozesse schwierig ist.Nach meinem Vortrag berichtete Jens-Gert Müller-Saathoff, Fraktionssprecher im Gemeinderat, von einem Gespräch von Teilen der Fraktion mit der Leitung der Oberschule Wiefelstede. „Wir GRÜNE würden nach wie vor gerne die Oberschule weiterentwickeln in Richtung einer IGS. Die Oberschule selber will allerdings erst einmal in ihrer bestehenden Form die Inklusion angehen und die weitere Entwicklung im Ammerland beobachten. Einig sind wir uns in dem Punkt, dass auf Landesebene derzeit noch Klarheit bezüglich der ausreichenden Finanzierung der neuen Gesamtschulen fehlt – Voraussetzung für den Erfolg der weiteren Gründung von Integrierten Gesamtschulen. Wir werden den Prozess daher weiter aufmerksam verfolgen und im Dialog mit der Oberschule und den Eltern bleiben.“
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