Am Mittwoch, dem 29.05.2013, moderierte ich eine Informations- und Diskussionsveranstaltung mit Katja Keul (MdB) und Peter Tobiassen (Evang. Bildungswerk Ammerland). Wir trafen uns an dem Abend auf Einladung der Ammerländer GRÜNEN im Alten Stadthaus in Westerstede. Der Abend stand unter den Überschriften „Bundeswehr und Parlament – Der Einsatz in Mali“ und „Sind Militäreinsätze zum Schutz von Menschenrechten legitim und wirksam?“.
Zu Beginn des Abends berichtete Katja Keul, niedersächsische Spitzenkandidatin im Bundestagswahlkampf, Mitglied des Bundestages und des Verteidigungsausschusses, von der Delegationsreise nach Mali, an der sie im April teilgenommen hat. Sie besuchte dort u.a. das Bundeswehr-Kontingent, das ein Lazarett betreibt und an der Ausbildung der Streitkräfte des Landes beteiligt ist.
„Die Lage in Mali war bereits Ende 2011 labil“, erläuterte Katja Keul. „Das Krisenpotential wurde allerdings zu spät erkannt.“ Die Chance der Prävention im Rahmen der internationalen Schutzverantwortung (=responsibility to protect) sei nicht genutzt worden, obwohl eine Vermittlung von außen wichtig gewesen wäre. So habe die Gewalteskalation nicht verhindert werden können. Dass Frankreich militärisch intervenierte, als die Rebellen auf dem Weg in Richtung der Hauptstadt Bamako waren, und damit auf den Hilferuf der malischen Armee reagierte, sei die richtige Entscheidung gewesen. Frankreich habe in einer riskanten Notaktion die malische Übergangsregierung stabilisiert und verhindert, dass Mali im Chaos versinkt. Mit einem weiteren Vorstoß der Rebellen in den Süden wären jegliche Verhandlungen unmöglich geworden.
Auch die Entscheidung zur Beteiligung der deutschen Bundeswehr an der Ausbildung der Streitkräfte des Landes, werde von den GRÜNEN im Bundestag mitgetragen, so Katja Keul weiter, denn der Aufbau staatlicher Sicherheitsstrukturen sei wichtig, um die Lage in Mali zu stabilisieren und die Rückkehr der Flüchtlinge zu ermöglichen.
Im Anschluss an ihren Bericht diskutierte Katja Keul mit Peter Tobiassen, dem Leiter des Evangelischen Bildungswerkes Ammerland und Vorstandsmitglied im Forum Ziviler Friedensdienst Deutschland, über das Konzept der Schutzverantwortung (= Responsibility to protect), seine ethische Bewertung und mögliche Alternativen.
2005 haben fast alle Staats- und Regierungschefs anerkannt, dass jeder Staat seine Bevölkerung vor schwersten Menschenrechtsverletzungen schützen und die internationale Gemeinschaft Staaten hierbei mit zivilen und militärischen Maßnahmen unterstützen muss. Kein Staat sollte sich bei schweren Menschenrechtsverletzungen hinter seiner Souveränität verstecken können. Das Konzept besteht aus drei Säulen – der Pflicht zur Prävention, zur Reaktion und zum Wiederaufbau.
Am Beispiel Mali sei deutlich geworden, waren sich Katja Keul und Peter Tobiassen einig, dass die Pflicht zur Reaktion ihre Berechtigung habe, die Prävention aber ausgebaut und gestärkt werden müsse. „Bisher kommen auf 1 Euro, der für die Prävention ausgegeben wird, 1000 Euro für die militärische Reaktion“, führte Peter Tobiassen aus. „Wünschenswert wäre ein von allen Bundestagsfraktionen getragener Beschluss, die Ausgaben für militärische Einsätze strikt auf den Betrag zu begrenzen, der zuvor für zivile Konfliktregulierungsmaßnahmen eingesetzt wurde.“
Peter Tobiassen berichtete in dem Zusammenhang von der Arbeit von Friedensfachkräften, die vom Forum Ziviler Friedensdienst (ZFD) ausgebildet werden. „Kein Militäreinsatz kann dauerhaften Frieden schaffen. Das gelingt nur mit langfristiger Friedensarbeit mit dem Primat des Zivilen.“
Katja Keul ergänzte, ein friedliches Zusammenleben und Austragen von Konflikten könne nicht von oben verordnet werden, die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen wie des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) oder des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) seien bei der Unterstützung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Konfliktländern und bei der Gewaltvermeidung enorm wichtig. Bisher hätten es die Ministerien versäumt, diese Fachexpertise wirklich zu nutzen, so Katja Keul. „Deswegen fordern wir GRÜNEN in unserem Bundestagswahlprogramm u.a. die Stärkung der Zivilen Krisenprävention. Zivile Krisenprävention muss ins Zentrum deutscher Außenpolitik rücken. Dazu gehören die Bereitstellung hinreichender finanzieller Mittel und der Aufbau eines Personalpools von qualifizierten Fachkräften u.a. aus Polizei, Justiz und Verwaltung.“
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