Strategien zum internationalen Schutz von Menschenrechtsverteidigern

Um die wichtige Frage, was wir in Deutschland und Europa dafür tun können, dass Menschen, die sich in aller Welt für den Schutz und die Rechte von anderen, für eine funktionierende Zivilgesellschaft, Demokratie und Frieden einsetzen, und die deshalb selbst von Diktaturen oder autoritären Regimen bedroht werden, Schutz bekommen, ging es in einer öffentlichen Anhörung des Menschenrechtsausschusses am vergangenen Mittwoch. Gern habe ich zu diesem hochaktuellen Thema dort meine Fraktion vertreten, auch weil es dabei viele Berührungspunkte mit meiner Arbeit als Koordinator des Parlamentariernetzwerks Genozidprävention im Deutschen Bundestag und im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gibt.

Hier das Video zur öffentlichen Anhörung

Zu der öffentlichen Sitzung waren hierzu mit Thomas Gebauer (medico international), Jean Pierre Froehly (Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE (ODIHR)), Michael Krennerich (Universität Erlangen-Nürnberg) sowie Martin Lessenthin (Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) Deutsche Sektion e.V.) vier ausgewiesene Experten eingeladen worden. Diese lieferten uns politisch Verantwortlichen fundierte Analysen und Einschätzungen auch zu jüngeren Entwicklungen und Herausforderungen in der Menschenrechtsverteidigung, etwa Staaten wie Ägypten oder Russland betreffend.

Dass sich bei der Beschäftigung mit diesem Thema stets das Gefühl einschleicht, dass man angesichts der multiplen internationalen Problemlagen immer ein Stück weit gegen Windmühlen kämpft, ist dabei genauso wahr wie die Tatsache, dass konkrete Menschenrechtsverletzungen immer wieder auch durch Einsatz, Hartnäckigkeit und klare Haltung abgemildert oder gar beseitigt werden können. Hierzu ein Beispiel aus unserer Europäischen Union: Jahrelang wurden in Malta gut 40 nordkoreanische Gast-(treffender: Zwangs-)ArbeiterInnen in der Textilindustrie bei Hungerlöhnen und indiskutablen Arbeitspensen ausgebeutet. Jahrelang ist daran nichts geändert worden, bis der staatliche und zivilgesellschaftliche Druck aus anderen europäischen Nationen so groß wurde, dass aus Gründen des internationalen Ansehens Malta dieser unmöglichen Praxis ein Ende bereitete.

Diese Erfolgsmeldung steht dem hingegen bei unseren polnischen Nachbarn noch aus, wo ebenfalls hunderte NordkoreanerInnen in den Werften und der extensiven Landwirtschaft schuften müssen. Bis jetzt sind bei der rechtskonservativen Regierung die internationalen Protestnoten – auch aus Deutschland – allerdings reaktionslos verhallt. Dies ist aber kein Grund nachzulassen, ganz im Gegenteil.

In der weiteren Debatte fragte ich die Experten u. a. danach, ob sich das Thema Menschenrechtsverteidigung angesichts des Raumes, den es in der öffentlichen Debatte einnimmt, nicht völlig inadäquat in konkreter Forschungsanstrengung, auch in Deutschland abbildet. Diesen Eindruck bestätigte mir vor allem Herr Gebauer, der deutlich unterstrich, dass Forschungsförderung durch bewusstes Setzen von incentives und von entsprechendem Mitteleinsatz durchaus stärker möglich wäre.

Ein anderes negatives Beispiel, welches zeigt, dass auch hierzulande Menschenrechtsverteidiger*innen die Arbeit erschwert wird, ist der Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus‘ von attac durch deutsche Finanzämter. Hier sitzt auch die schwarz-rote Bundesregierung die Problematik aus, und hat Offensichtlich kein Interesse daran, irgendetwas am  so neu geschaffenen Status quo zu ändern. Die Experten bestätigten unisono in der Anhörung, dass sie die derzeitige Gemeinnützigkeits- und Abgabenordnung für absolut antiquiert halten. Es ist völlig inakzeptabel, dass hier der wichtigen, in erster Linie internationalen Arbeit von menschenrechtsverteidigenden Organisationen Knüppel zwischen die Beine geworfen werden, angesichts der großen Herausforderungen und Baustellen, die Staaten und Zivilgesellschaft global gemeinsam anzugehen hat.

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