In Werlte im Emsland werden jährlich bis zu 100.000 t Abfälle aus der Lebensmittelproduktion und Schweine- und Rindergülle in eine Biogasanlage gefüllt, um Biogas herzustellen, zu Bioerdgas aufzubereiten und ins Netz einzuspeisen. Das ist an und für sich noch nicht so besonders.
Ein Besuch dieser großen Biogasanlage mit GRÜNEN Mandatsträger_innen aus Oldenburg, dem Ammerland, Ostfriesland, Verden und sogar aus Krefeld ist dann doch berichtenswert, weil die EWE dort mit dem überschüssigen CO² aus der Biogasaufbereitung seit dem letzten Jahr die Pilotanlage für das e-gas-Projekt von Audi versorgt. Und das funktioniert so: CO² aus dem Biogas auswaschen und mit überschüssigem Windstrom in einer Elektrolyse Wasserstoff herstellen. Aus den beiden Komponenten entsteht Methan, das dann wiederum ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Hiermit kann Audi sein g-tron-Modell nahezu CO²-neutral fahren lassen. Ein gelungenes Beispiel für innovativen Klimaschutz durch Technologieentwicklung, auch wenn dem motorisierten Individualverkehr – egal ob mit E-Gas oder regenerativem Strom betrieben – in der Mobilität der Zukunft eine geringere Bedeutung als heute zu kommen wird.
Aber darum geht es mir auch nicht so sehr, sondern darum, dass in Werlte ein Energiekonzern und ein Mobilitätsanbieter überschüssige Energie nutzen und sie in einen CO²-neutralen, alternativen Kraftstoff verwandeln. Das ist erst einmal eine gute Sache. Zudem ist diese Biogasanlage eine „gute“, denn für sie muss keine Ackerbiomasse angebaut werden, die unsere Landschaften in Wüsten verwandelt, aus Landwirten abhängige Energiewirte macht,
die Böden auslaugt und der Artenvielfalt zuwider läuft, sondern sie wird komplett mit Rest- und Abfallstoffen befüllt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der, die so gewonnene Energie im bereits vorhandenen Erdgasnetz zu speichern. Also: Weht der Wind stark und ausdauernd, muss ich die Windkraftanlagen nicht mehr abschalten, sondern verwandele diese Energie über eine solche Power-to-gas Anlage in Gas, das ich im Netz speichere.
Nun gilt es, dass sich auf mittlere Sicht solche Power-to-gas-Anlagen, die jetzt noch als Modellprojekte nicht wirtschaftlich kostendeckend sind, auch rechnen. Der Gülle-Input und der Gärsubstrat-Output sind kostenneutral, während EWE mittlerweile für die fettreichen Abfälle aus der Lebensmittelindustrie zahlen muss (das war vor einigen Jahren noch anders, aber mittlerweile hat sich auch hier ein Markt entwickelt, während man früher noch Geld dazu bekam, wenn man die Abfälle entsorgte). Da die e-gas-Anlage ja insbesondere dazu dienen soll, das Stromnetz dann zu entlasten, wenn große Überschüsse an erneuerbar erzeugtem Strom aus Wind und Sonne zur Verfügung stehen, kostet der Strom selbst auch nur wenig (bzw. bei negativem Börsenpreis sogar gar nichts), allerdings ist ungünstigerweise auch eine auf Netzentlastung und Energiespeicherung ausgelegte Power-to-gas-Anlage rechtlich ein „Stromverbraucher“, so dass sämtliche Abgaben von EEG-Umlage über Offshore-Umlage bis Netzentgelte auf die Stromabnahme anfallen. Das entspricht der geltenden Rechtslage (trifft übrigens auch andere Speicher wie z.B. Pumpspeicherkraftwerke zu), ist aber absurd, wenn es uns wirklich um die Weiterentwicklung der Energiewende geht. Eine der zahlreichen Aufgaben, die in Berlin auf uns warten.
Daneben muss natürlich auch der gesamte Gaserzeugungsprozess noch kostengünstiger werden, um wirklich am Markt bestehen zu können und die für das Energiewende-Netz so wichtige Systemdienstleistungen im großen Stil erbringen zu können. Auch wenn der Wirkungsgrad der Anlage begrenzt ist, ist die Verknüpfung des Stromnetzes mit dem Gas- und damit auch Wärme- und Mobilitätssektor ein vielversprechender Ansatz und muss wissenschaftlich wie wirtschaftlich weiter vorangetrieben werden. Dies und viel mehr konnten wir vor Ort kennenlernen und mit kompetenten Fachleuten diskutieren. Dazu vielen Dank an Reinhard Schenke, Thomas Götze und Klaas Knoblich von der EWE.
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