Wer Frieden möchte, rüstet nicht auf

Das ist ja ein Wahnsinn: Immer weniger Menschen verfügen über das größer werdende weltweite Vermögen (https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/soziale-ungleichheit). Das gibt’s schon lange, aber die Ausmaße dieses Missverhältnisses gefährden immer mehr die Demokratien dieser einen Welt und deren sozialen Zusammenhalt. Die Einkommen der Mittelschicht sinken kontinuierlich und die Chancen auf einen sozialen Aufstieg werden auch nicht besser. Gleichzeitig Das wächst der Einfluss global agierender Konzerne auf die Politik (siehe u.a. CETA, TTIP).

160210 Pol.Ascherrmittwoch 01Umso bedenklicher ist es meiner Meinung nach, wenn es den Demokratien dieser einen Welt immer weniger gelingt, diese ungleiche Verteilung zu stoppen. In der Wahrnehmung vieler Menschen scheint sogar das Gegenteil der Fall zu sein – mit der Folge, dass das Misstrauen gegenüber der Politik zunimmt (siehe Vorwahlen in den USA, aber eben auch die rechtspopulistischen Parteien in Europa von „AfD“ über den „Front National“ bis zu den „Wahren Finnen“).

Im Raumschiff Berlin nehme ich die Bundesregierung als sehr hilflos wahr, sich gegen diese wachsende Ungleichheit zu stemmen. Sie lässt sich wehrlos treiben von der digitalen Revolution und der Globalisierung. Dabei ist Deutschland so vermögend wie niemals zuvor. Bundesfinanzminister Schäuble als wichtigster Minister im Kabinett Merkel betet den Fetisch „Schwarze Null“ an. Und da es großen Teilen der Wirtschaft in diesem Land finanziell so ausgesprochen gut geht, entstehen sogar zunehmend Überschüsse im Bundeshaushalt. Als wäre das nicht genug gab’s Ende 2015 überplanmäßig noch einmal zwölf Mrd. € obendrauf; Geld also, das reichlich vorhanden wäre, um die aktuellen Herausforderungen der Flüchtlingsintegration und die Schaffung gerechterer Lebensverhältnisse in unserer Gesellschaft anzugehen.

DSC_0837Doch was geschieht: Vorhandenes Geld befeuert die Rüstungsphantasien unserer Verteidigungsministerin aus niedersächsischem Haus und ihren Steigbügelhalter*innen aus der großen Koalition und der Rüstungslobby! Obwohl politisch höchst umstritten und schon einmal zum großen Schaden der Steuerzahler*innen krachend gescheitert, sollen wieder dreistellige Millionenbeträge in bewaffnete Kampfdrohnen gesteckt werden. Die Bundeswehr soll wieder vergrößert werden und um den US-Amerikanern und der Rüstungsindustrie zu gefallen, will Frau von der Leyen in den nächsten Jahren 130 Milliarden Euro zusätzlich für das Militär ausgeben. Dabei zeigen doch gerade die vielen Krisen und Kriegsschauplätze auf der Welt, dass die militärischen Konzepte allerorts keine Lösungen bieten. Ist das dreist? Ist das zynisch?

Wer sich so zum Frieden und für die Demokratie bekennt wie Deutschland (zumindest verbal), der rüstet nicht auf. Es beschämt mich geradezu, dass nicht die Infrastruktur für Geflüchtete und ihre Integration „aufgerüstet“ werden soll, sondern das Militär. Da soll der Etat mal so eben verdoppelt werden. Flinten-Uschi und Siggi Pop hätten ihren Platz im Herzen der Rüstungsindustrie sicher, setzen sie sich mit dieser Priorität innerhalb der Bundesregierung durch.

Stattdessen müsste mehr Geld für Bildung ausgegeben werden, Kitas und Schulen besser ausgestattet werden, bezahlbarer Wohnraum fehlt vielerorts, Leiharbeit und Teilzeitarbeit müssen endlich reguliert werden und Niedrigverdiener müssen steuerlich entlastet werden.

Die Bundesregierung muss sich endlich der Krisen annehmen, die sie lange geflissentlich ignoriert oder sogar mit verursacht hat. Diese Krisen werden nicht von heute auf morgen bewältig werden können. Das braucht Zeit. Jahre. Und das Wesen dieser Krisen ist, dass sie keine DSC_0718einfachen Lösungen parat halten. Stattdessen brauchen wir endlich wieder funktionierende Diplomatie und internationale Organisationen, die gerade auch von Deutschland unterstützt und gestärkt werden müssen anstatt den Trend zur Entsolidarisierung und zum Nationalismus immer weiter nachzugeben. Dies gilt für die „Wertegemeinschaft EU“ ebenso wie die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen wie z.B. UNHCR und UNEP. Auf diese internationale und multilaterale Ebene gehört im Übrigen auch die Weiterentwicklung der Handelspolitik. Die Einführung von verbindlichen Öko- und Sozialstandards über einen internationalen Handelsvertrag, in dem WTO, ECOSOC und UNCTAD zusammengeführt werden, wäre die vernünftige Alternative zu Separatabkommen unter Reichen wie TTIP, CETA oder TiSa.

Liebe Friedensfreund*innen, wer Waffen sät, wird Geflüchtete ernten. Das ist das Ergebnis jahrzehntelanger Waffenproduktion. Deutschland hat so viel Geld wie noch nie in seiner Geschichte. Lasst es uns bitte dort dafür ausgeben, dass Menschen nicht mehr flüchten müssen und lasst es uns hier dafür ausgeben, dass wir die bei uns Schutz Suchenden integrieren.

 

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