Die in der Presse zitierten Äußerungen aus der niedersächsischen CDU, namentlich von Björn Thümler im NWZ-Interview vom 08.05.2013, zeigen, dass die CDU die Herausforderungen, die bezüglich Mobilität zukünftig bewältigt werden müssen, nicht verstanden hat. Die in diesem Interview abgedruckte Äußerung, die ROT-GRÜNEN Landesregierungen in Hannover und Kiel würden ein wichtiges Infrastrukturprojekt vertrödeln, stimmt so nicht. Ganz im Gegenteil: Diese beiden Landesregierungen beginnen – seit GRÜNE mit am Tisch sitzen – endlich, die richtigen Prioritäten zu setzen. Aufgrund der notwendigen Umsteuerung zu klimaverträglicheren Verkehrsträgern und wegen der Versäumnisse bei der Instandhaltung in den vergangenen Jahren müssen Investitionen in den Erhalt der Infrastruktur Priorität gegenüber dem Neubau erhalten. Dies sieht im Gegensatz zu Björn Thümler und Enak Ferlemann im übrigen auch Minister Ramsauer langsam ein. Schon der Erhalt der Landesstraßen ist ein großes Problem, da dafür und für notwendige Sanierungsmaßnahmen in Niedersachsen nur 70 Millionen jährlich zur Verfügung stehen, aber mindestens 103 Millionen Euro jährlich dafür gebraucht werden. Zusätzlich schätzt die Landesbehörde für Verkehr den jährlichen Bedarf zur Erhaltung der Bundesfernstraßen auf dem derzeitigen Niveau auf 200 Millionen Euro zuzüglich 50 Millionen Euro Nachholbedarf für den Erhalt der Ingenieurbauwerke. Außerdem sind nach den Haushaltsplanungen des Bundes im Verkehrsetat zur Fertigstellung bereits im Bau befindlicher Projekte in Niedersachsen mehr als zehn Jahre notwendig. Es ist also davon auszugehen, dass in der laufenden Legislaturperiode keine neuen Projekte begonnen werden, weil schlicht das Geld dafür nicht vorhanden ist.
Darüber hinaus ist das Fernstraßennetz in Deutschland so gut ausgebaut, dass zusätzliche Autobahnen weder einen zusätzlichen wirtschaftlichen Nutzen noch langfristig neue Arbeitsplätze bringen. Im Gegenteil: Gerade die ländlichen Räume wie das Ammerland zählen bei Autobahnneubauten nachweislich zu den Verlierern. In diesem Zusammenhang seien Herr Thümler und alle anderen A20-Befürworter an die Ergebnisse einer Studie des Instituts Verkehr und Raum der Fachhochschule Erfurt zu den wirtschaftlichen Effekten von Fernstraßenbau erinnert (PDF-Download, 5,4 MB). Diese Studie beweist einmal mehr, dass Projekte wie die Küstenautobahn wirtschaftlicher Unsinn sind. Der prognostizierte Verkehr auf der geplanten Küstenautobahn ist nur gering, für den Bau dieser Autobahn würden über 1000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzflächen geopfert, viele Naturlandschaften zerstört und bisher unbelastete Lebensräume für Menschen verlärmt. Die klimaschädliche Wirkung wäre enorm, weil 45 Prozent der Strecke durch Moorgebiete verliefen, die beim Autobahnbau erhebliche Mengen an CO2 freisetzen würden. Abschließend: Die Küstenautobahn ist nachweislich für die Anbindung des Jade-Weser-Ports nicht erforderlich und kann wegen der falschen Ausrichtung nicht der Hinterlandanbindung der Seehäfen dienen. Aus all diesen Gründen werden wir GRÜNE den Kurs der CDU nicht fortsetzen. Im Gegenteil: Im Falle einer Beteiligung an einer ROT-GRÜNEN Bundesregierung werden wir nach der Wahl eine Kurskorrektur in Richtung einer Mobilitätswende vornehmen und damit dem Beispiel der ROT-GRÜNEN Landesregierungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein folgen. Weiterführende Links:
Lieber Peter Meiwald,
nach Absprache mit dem Koordinationskreis der Bürgerinitiativen gegen die A20 habe ich die oben genannte Facebook-Seite eingerichtet. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie von Ihrer Seite auch noch dorthin verweisen würden (und vielleicht LIKEN und vielleicht auch mal einen Gast-Kommentar schreiben … ).
Schönen Dank und schönes Wochenende,
Stephan Selle (Gut Hahn, Ammerland)