Antrag Mikroplastik von GroKo abgelehnt: Bundesregierung lässt sich von Kosmetikindustrie hinhalten

„Stephan Glinka / BUND“

Es ist inzwischen weitestgehend bekannt, dass Plastikmüll mit der Zeit in kleinste Partikel zerfällt – das sogenannte Mikroplastik. Weniger bekannt ist, dass Mikroplastik nicht nur als Abfallprodukt entsteht, sondern auch in Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln gezielt eingesetzt wird. Es handelt sich um synthetische Polymere, die z.B. die Körpermilch besonders geschmeidig machen sollen. Auch die Körnchen im Hautpeeling bestehen oft aus Mikroplastik. Von Kläranlagen in der Regel nicht herausgefiltert, gelangt es über das Abwasser in die Umwelt. Es fließt in die Meere, wird von den Meeresbewohnern gefressen und landet so über kurz oder lang auch wieder auf unserem Teller. Über die Wirkung des Mikroplastik auf unsere Gesundheit und die Umwelt wissen wir weiterhin noch viel zu wenig.

Im Oktober 2013 hat die Bundesregierung im Kosmetikdialog mit den Herstellern zwar vereinbart, dass diese freiwillig aus der Verwendung von Mikroplastik in Körperpflegeprodukten aussteigen. Bis heute hat sich die Kosmetikindustrie aber nicht davon verabschiedet. Stattdessen werden inzwischen sogar liquide oder wachsartige Formen von Mikroplastik in Kosmetika verwendet. Die Bundesregierung hat es hier klar versäumt, das Thema selbst anzupacken. Deshalb haben wir einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause abschließend beraten wurde.

Wir fordern darin ein Verbot für Mikroplastik (definiert als synthetische Polymere < 5mm) in Kosmetika und Reinigungsmitteln und appellieren an die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für die Ausweitung des Arbeitsprogramms der Ökodesign-Richtlinie einzusetzen. Wir wollen, dass diese um die Vermeidung von Mikroplastikfreisetzung erweitert wird. Außerdem muss Mikroplastik in die Abwasserverordnung als Voraussetzung zur Erfüllung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie aufgenommen werden.

Die Regierungsparteien lehnten unseren Antrag mit der lausigen Begründung ab, es gebe schon jetzt kaum noch Mikroplastik in Kosmetika und das Problem würde sich bald von selbst regeln, da die Industrie freiwillig bis 2020 auf Mikroplastik in Kosmetika verzichten wolle. Meiner Ansicht nach lässt sich die Bundesregierung von den Kosmetikherstellern hinhalten. Denn die Bundesregierung selbst kontrolliert den Stand des freiwilligen Ausstiegs nicht, sie verlässt sich ausschließlich auf die Aussagen der Industrie. Laut BUND und Codecheck ist die Anzahl der Körperpflegeprodukte, die Mikroplastik enthalten, zwischen 2014 und 2016 sogar angestiegen. Das liegt daran, dass die Industrie Mikroplastik sehr eng definiert und darunter nur feste Kunststoffpartikel versteht, die abgespült werden. Kunststoffe in flüssiger oder pulveriger Form oder in Nanogröße dürfen weiterhin verwendet werden. Den meisten Verbraucherinnen und Verbrauchern ist dies nicht bewusst. Das heißt: selbst wenn die Selbstverpflichtung vollständig umgesetzt würde, gelangt Mikroplastik auch nach 2020 weiterhin in die Meere. Das ist unverantwortbar. Aus meiner Sicht widerspricht der aktuelle Einsatz von Kunststoffen in Kosmetik und Reinigungsmitteln, von denen man gar nicht weiß, was sie in der Umwelt anrichten, klar dem Vorsorgeprinzip.

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