Der Rohstoff Milch

Der Nordwesten ist eine Milchregion. Das ist für uns irgendwie selbstverständlich. Aber der Strukturwandel in der Milchviehwirtschaft fordert – wenig bemerkt von den Verbraucher*nnen – immer mehr Opfer. Der Liter Milch wird immer günstiger und viele Konsument*innen freuen sich. Doch die Folge ist, dass auf immer weniger, aber immer größeren Höfen, immer mehr Kühe stehen und gleichzeitig viele Milchbauern aufgeben. Allein im letzten Jahr waren dies deutschlandweit mehr als 3.000 Milchbauern, deren Erlöse schlicht und einfach die Kosten nicht mehr deckten. Sie bekommen zum Teil nur noch 24 Cent für den Liter Milch von ihren Molkereien. Kostendeckend sind dagegen etwa 40 Cent. Dies ist noch einmal eine Zuspitzung einer erschreckenden Entwicklung der letzten Jahrzehnte.

Mit einer großen Delegation der Ammerländer GRÜNEN bei der Molkerei Ammerland eG

Mit einer großen Delegation der Ammerländer GRÜNEN bei der Molkerei Ammerland eG. V.l.n.r.: Renate Brand, Herbert Heyen (Vorstandsvorsitzender), Christel Ahlers, Ralf Hinrichs (Geschäftsführer), Sonja Wagner, Gerd Langhorst, Edeteilen Grambart, Jens Rowold, ich, Jörg Thom und Friedrich Haubold.

Heute gibt es keine 73.000 Milchlandwirte mehr in Deutschland. 1999 gab es noch 152.700 Betriebe. Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Milchkuhhalter ihren Beruf aufgegeben haben. Interessant ist nur, dass Jahr für Jahr immer mehr Milch produziert wird. Ein Teil dieser Milch wird in Milchpulver verwandelt und auf dem Weltmarkt verkauft. Ein Wahnsinns-Strukturwandel.

Umso mehr freut es mich, dass die heimische genossenschaftliche Molkerei Ammerland in Wiefelstede-Dringenburg nun endlich auch nach Auswegen aus diesem Teufelskreis für ihre Milchlieferanten sucht. Absehbar wird sie auch Biomilch anbieten. Nach der Umstellungsphase der beteiligten bäuerlichen Betriebe bis zum September 2017 wird es im heimischen Lebensmitteleinzelhandel endlich Biomilch aus der Region geben. Produziert im Oldenburger Zweigwerk. Zunächst etwa 40 Betriebe werden auf das Bioland-Siegel umstellen. Für die Bauern steht die begründete Hoffnung dahinter, dann etwa 49 Cent für den Liter Milch zu erhalten, so dass die Möglichkeit besteht, dass sie von ihrer Arbeit wieder leben können. Finanziell schwierig sind die anderthalb Jahre der Umstellung, denn auf diesen Kosten bleiben sie sitzen. Hier ist jetzt sowohl die Genossenschaft selbst wie auch unser Ammerländer Kreistag gefordert, nach Möglichkeiten der Förderung dieser schwierigen Umstellungsphase zusätzlich zur Förderung durch unser GRÜN geführtes Landwirtschaftsministerium in Hannover zu suchen. In der GRÜNEN Kreistagsfraktion denken wir darüber nach, die kreiseigene Mittelstandsförderung auch für landwirtschaftliche Umstellungsbetriebe zu öffnen.

Und Deutschlands fünftgrößte Molkerei hat ab kommenden September ein weiteres Produkt am Start, das ich sehr gut finde: Weidemilch ohne Gentechnik. Die Kühe sind dann mindestens 120 Tage im Jahr mindestens sechs Stunden auf der Weide. Heute ist das nicht mehr selbstverständlich, denn viele Kühe verbringen ihr kurzes Leben in immer größer werdenden Ställen ohne Weidegang. Die neue regionale Weidemilch wird es als Trinkmilch, H-Milch, Käse und Butter geben. Ich bin gespannt darauf, ob und wie viel davon die Verbraucher*innen kaufen werden. In der Pflicht zum Erhalt einer lebenswerten Kulturlandschaft und für mehr Tierwohl sind nun wir alle gefragt: Lebensmitteleinzelhandel, Molkerei, Landwirte und wir Konsument*innen. Nicht nur schnacken!

Veröffentlicht in Allgemein, Freihandel, Gute Landwirtschaft, Peter Meiwald Getagged mit: , ,

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