Tag drei meiner einwöchigen Tour durch den Nordwesten begann mit einem echt demoralisierenden Erlebnis: Einem langen Blick auf Deutschlands schmutzigsten Fluss. Wir trafen uns auf der Friesenbrücke in Weener, einer beeindruckenden Eisenbahnklappbrücke, die auf einer Länge von 355 Metern über der Ems das Rheiderland mit dem Overledingerland verbindet. Du arme Ems in deinem Unterlauf! Die Sichtweite beträgt einen ganzen Millimeter und die Fließgeschwindigkeit liegt bei acht km/h. Was die politisch subventionierte Industrialisierung der Ems angetan hat ist erschütternd. Vor 30 Jahren noch konnten Menschen in der Ems schwimmen, heute geht auch paddeln längst nicht mehr. Die industriell bedingte Begradigung macht’s möglich. Und wenn der Hersteller von Kreuzfahrtschiffen, aktuell verkündet, den Sitz seines Unternehmens in ein Beneluxland zu verlegen, um international konkurrenzfähig zu bleiben, ist das nicht nur dreist, sondern ein Verrat an der Region aus der er stammt und an dem Bundesland, das ihn mit Steuergeldern seit Jahrzehnten großzügig subventioniert hat.
Schlick und trübe Brühe
Von der Friesenbrücke radelten wir in den Hafen Weeners. Dort hatte sich die „Radelgruppe Meiwald“ an der Schleuse mit Ludwig Sonnenberg verabredet, dem Bürgermeister der Stadt Weener, und mit Andreas Sinnigen, dem Geschäftsführer der Hafen und Tourismus GmbH Weener. Warum wir die Beiden getroffen haben ist klar: Die industriell genutzte Ems. Nicht nur Umwelt und Natur leiden sehr wegen der gigantischen Auswüchse des global angelegten Tourismus. Auch die Stadt Weener ist betroffen, denn der Hafen verschlickt immer mehr. Das ist natürlich beknackt für den Bootstourismus, denn der Emsschlick hat eine Wassertiefe von nur 1,60m im Hafen zur Folge. Also gehen der Stadt immer mehr Einnahmen flöten, denn immer weniger Bootstouristen machen im Hafen Halt.
Viel mehr Schlick
Nach einem Tee im Hafen (herzlichen Dank für die Bewirtung!) setzten wir uns auf die Fahrradsättel und los ging es entlang des Deichs Richtung Leer. Eine herrliche Strecke, kaum Autos und Rückenwind. Unterwegs verabschiedeten wir Birgit (Gruß an Hajo) und wir hielten kurz an der überdimensionierten Fahrradskulptur (sehr beeindruckend) des Leeraner Künstlers Jan Sielmann, die eine Willkommensstation für Radtouristen zum informieren ist.
In Leer waren wir mit Bürgermeisterin Beatrix Kuhl verabredet und mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke Claus-Peter Horst. Im Hafen bestiegen wir den Schlepper der Stadtwerke und erfuhren, dass diese täglich aus dem Hafen 300 Tonnen Schlick baggern und in die Ems spülen. Wenn sich die Schleuse öffnet, kommt diese Menge wieder hinein. Schilda, wohin ich schaue entlang der Ems auf Kosten der Steuerzahler_innen und zugunsten einer nicht umweltverträglichen Tourismusbranche. Deutschlands schmutzigster Fluss sollte allen Entscheidungsträgern bewusst machen, wohin ein solcher Gigantismus führt.
Die Hafenrundfahrt in Leer hat mir noch einmal gezeigt, welches Potential in der Stadt steckt. Deswegen ist Leer nach Hamburg auch die Stadt, in der die meisten Reeder ihren Geschäftssitz angesiedelt haben.
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