Erstmals auf dem amerikanischen Doppelkontinent – und dann gleich in diesem zerrissenen Land Kolumbien, das sich seit rund 60 Jahren im Dauerkonflikt zwischen demokratisch verfasstem Staat, Oligarchien, diversen Volksbefreiungsarmeen und Paramilitärs befindet – das war durchaus eine Herausforderung. Dabei ist Kolumbien von einem natürlichen Reichtum, der seinesgleichen sucht – eines der höchsten Biodiversitätspotentiale der Erde, Berge, zwei Ozeane, Regenwälder, Bodenschätze,….
Politisch gibt es eine intensive Kooperation Deutschlands mit Kolumbien und sehr enge kirchliche und zivilgesellschaftliche Kontakte.
Ein paar Stichworte haben sich mir bei all den vielen Gesprächen und Eindrücken eingeprägt:
- der ambitionierte Bergbauplan der Regierung ist höchst fragwürdig – insbesondere die Pläne zum Ausbau von Kohle- und Ölgewinnung. Bei den mit dem Bergbau zusammenhängenden Problemen geht es eben nicht nur um die vielen illegalen Minen im Land, sondern auch um die Vergabe von legalen Konzessionen auf riesige Teile der Landesfläche. Probleme: Umwelt, Landfrage, Klima
- gerade der Klimawandel mit zurückgehenden Regenfällen gefährdet bereits jetzt die zu über 60 % auf Wasserkraft basierende Stromversorgung Kolumbiens
- die Landfrage steht im Vorder- oder Hintergrund fast aller gewaltsamer Konflikte im Land. Die juristische Aufarbeitung hat begonnen. Im Fokus muss dringend stehen, Wiedergutmachungs- und Entschädigungslösungen zugunsten der Millionen Vertriebener gelöst werden – Land-Rückgabe, Entschädigungen, Aufbau eines Katasters
- Ölpalmen-Monokulturen für den Export sind nicht zukunftsfähig
- der Friedensprozess im Land muss vorangetrieben werden und auch auf ELN und weitere Gruppen ausgedehnt werden. Dazu bietet die Wiederwahl von Präsident Santos am letzten Tag unseres Aufenthaltes zumindest eine Basis, auf der jetzt weiter gearbeitet werden muss
- die Aufarbeitung der Vergangenheit ebenso wie die Einbeziehung heutiger Para-Nachfolgegruppen muss im Rahmen des Justicia y Paz-Prozesses weiter verfolgt werden mit einem besonderen Fokus auf schnelle Entschädigung und Unterstützung der Opfer
- Ziel muss es sein, zukünftig Rechtsstaatlichkeit auf das ganze Land auszuweiten, in weiten Bereichen vorherrschende Straflosigkeit muss endlich beendet werden. Hierzu war es beeindruckend zu sehen, wie mutige Staatsanwälte – auch mit deutscher Unterstützung – hier deutliche Zeichen setzen können.
Wenn ich Präsident wäre…
Eine besondere Begegnung stand am Ende unseres Aufenthaltes in der Grenzstadt Cúcuta mit einem Mittagessen mit dem Bischof von Tibu in Catatumbo. Zum Abschluss seiner Rede sagte er: „Wenn ich Präsident wäre, würde ich als erstes 100 Fußballplätze bauen und dann 100 Tanzflächen“. So viel Optimismus in diesem zerrissenen Land ist ansteckend!
So ein schönes Land mit seinen wunderbaren, aber häufig leidgeprägten Menschen, unglaublichen Naturschätzen, einer riesigen biologischen Vielfalt (und dieser enormen Fußballbegeisterung) hat eine bessere Zukunft verdient!
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